Boardwalk Empire Teil 2: Gangster und Gesetzlose: Schlüsselfiguren der Prohibitionszeit

Die Prohibitionszeit war ohne Zweifel eine der markantesten Epochen der US-amerikanischen Geschichte. Aus ihr gingen legendäre Orte wie Atlantic City und berühmt-berüchtigte Persönlichkeiten wie Nucky Johnson, Lucky Luciano und Al Capone hervor. In Teil 2 beleuchten wir einige der Schlüsselfiguren und Ereignisse, die die Prohibitionszeit prägten.
Schwarzweisses Foto von Leuten auf einem Strand

Gangster und ihre Imperien: Realität vs. Fiktion

Al Capone und Lucky Luciano sind zwei Namen, die nicht nur Liebhabern von Gansterfilmen ein Begriff sein dürften. Die Prohibitionszeit war nicht nur für Nucky Johnson überaus profitabel, sondern auch für zahlreiche andere Gangster, die berühmt und berüchtigt wurden

Al Capone

Al Capone war wohl einer der berühmtesten Gangster der USA, wenn nicht sogar der ganzen Welt. Sein Territorium: Die Millionenstadt Chicago am Lake Michigan, im Norden der USA. Bekannt für Jazz, Pizza, eisig kalte Winter – und Kriminalität. Im Gegensatz zu Nucky Johnson, dem eine direkte oder indirekte Beteiligung an Morden nie nachgewiesen werden konnte, war Capone für seine Brutalität und Skrupellosigkeit bekannt. Schon mit 20 Jahren beging er seinen ersten nachgewiesenen Mord – wegen Spielschulden von 1.500 US-Dollar.

Seine Karriere in der Unterwelt Chicagos begann Al Capone als eine Art Tagelöhner. Für die Mafiosi Johnny Torrio und Jim Colosimo erledigte er zunächst die Drecksarbeit als Rausschmeißer, Türsteher und Schläger – zumindest, bis er sich an der Ermordung Colosimos im Jahre 1920 beteiligte und so dabei half, Torrios Macht zu festigen. Capone wurde dadurch schnell zur rechten Hand des Mafia-Bosses. Zur selben Zeit begann die Prohibition – und Torrios Organisation stieg in den illegalen Alkoholschmuggel und -handel ein. Als die Macht von Torrios Syndikat wuchs und dieses sich vom Süden in den Norden Chicagos ausbreiten wollte, kam es ab 1925 zu einem blutigen Bandenkrieg mit der Organisation des irischstämmigen Mobsters Dean O’Banion, in dessen Folge sich Torrio dazu entschied, aus der Schusslinie zu fliehen und seinen Posten an Al Capone zu übergeben.

Al Capone führte die Geschäfte Torrios mit Bravour und Brutalität weiter. Als einer der führenden Köpfe des organisierten Verbrechens in Chicago kontrollierte Capone zahlreiche Speakeasies, Brauereien und Destillerien, die Alkohol trotz des landesweiten Verbots an die Bevölkerung verkauften. Zusätzlich zu seinen Alkoholgeschäften war Capone in zahlreiche andere kriminelle Aktivitäten involviert, darunter Glücksspiel, Prostitution und Erpressung. Seine Machtposition verteidigte er mit allen Mitteln. So soll er beispielsweise für das berühmte Valentinstag-Massaker von 1929 verantwortlich gewesen sein, bei dem sieben Personen aus dem Umfeld der rivalisierenden North Side Gang ums Leben kamen.

Für Capones Niedergang sorgte schließlich ein unerwarteter Akteur: die US-amerikanische Steuerbehörde IRS. Diese wurde vor allem aufgrund seines Immobilienbesitzes aufmerksam, das nicht mit seinem angegebenen Einkommen zusammen passte. Im April 1930 wurde er außerdem von der Chicago Crime Commission zum Staatsfeind Nr. 1 erklärt. Angeklagt wurde Capone schließlich im Juni 1931, bevor er im Oktober desselben Jahres wegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche zu elf Jahren Gefängnis und einer hohen Geldstrafe verurteilt wurde. 1934 wurde er ins berühmte Gefängnis Alcatraz in San Francisco verlegt, bevor er 1939 wegen guter Führung vorzeitig entlassen wurde. 1947 starb er im Alter von nur 48 Jahren an Syphilis.

“Sie können keine legalen Steuern von illegalem Geld eintreiben.”Al Capone, Gangster zu Zeiten der Prohibition, Al Capone

In der Serie Boardwalk Empire wird Capone als aufstrebender Gangster porträtiert, dessen Entwicklung zu einem kriminellen Mastermind im Laufe der Serie dargestellt wird. Allerdings war seine Verbindung zu Nucky Johnson in Wirklichkeit nicht so eng wie in der Serie dargestellt. Capone schickte zum Beispiel keine seiner Männer nach Atlantic City, um Johnson in einem Bandenkrieg zu unterstützen. Dennoch hatte Al Capone auch in Wirklichkeit Verbindungen zu Atlantic City. So nahm er im Jahre 1929 an der berühmten Atlantic City-Konferenz teil. Capone nutzte diese Gelegenheit, um Allianzen zu stärken, territoriale Streitigkeiten zu klären und die Expansion seiner illegalen Geschäfte mit den anderen teilnehmenden Mobstern zu diskutieren.

Lucky Luciano

Genau wie Al Capone stieg auch Salvatore Lucania alias Lucky Luciano während der Prohibition zu einem der einflussreichsten Gangster der USA auf. Seine kriminelle Karriere begann wohl sogar noch früher als die von Capone. Schon im Alter von nur zehn Jahren wurde Lucky Luciano wegen Ladendiebstahls festgenommen und begann bald darauf damit, Schutzgeld von Mitschülern zu erpressen. Mit 19 Jahren ging Lucky Luciano zum ersten Mal hinter schwedische Gardinen – und zwar für Handel mit Heroin und Morphin. In seiner Jugend knüpfte Luciano bereits Kontakte mit anderen berühmten Gangstern seiner Zeit wie etwa Meyer Lansky, Al Capone, Frank Costello und Frankie Yale.

Pistole in Hand.

Die Mafia ging in den USA oft mit Gewalt vor. © Rock Staar/Unsplash

Lukrativ wurden Lucianos zwielichtige Geschäfte, als er in den 1920er-Jahren in den durch die Prohibition sehr profitabel gewordenen Alkoholhandel einstieg. Da Einzelpersonen in diesem harten Geschäftsfeld kaum eine Chance hatten, arbeitete Lucky Luciano für die Morello-Familie, für die er schon zuvor als Fahrer und Leibwächter tätig war. Mit dem Boss dieser Gruppierung, Joe Masseria, überwarf sich Luciano 1929, was zu einem Mordanschlag auf ihn selbst führte. Luciano überlebte nur knapp und schlug sich anschließend auf die Seite von Salvatore Maranzano, dem Anführer einer rivalisierenden Fraktion der amerikanischen Cosa Nostra. Kurz darauf wurde Masseria im Zuge eines Treffens mit Luciano ermordet – anscheinend von vier Männern um die berühmten Mobster Bugsy Siegel und Vito Genovese. Nur kurze Zeit später, im Jahr 1931, wurde auch Maranzano ermordet, nachdem dieser Pläne schmiedete, um Luciano sowie Genovese, Siegel, Costello und Capone zu töten. Dadurch festigte Luciano seine Machtstellung in der Unterwelt der USA weiter.

Besonders bekannt ist Lucky Luciano allerdings für seine Idee des National Crime Syndicate, die er auch bei der Atlantic-City-Konferenz im Jahre 1929 propagierte. Seine Vision war es, ewige Streitereien und Kämpfe innerhalb des kriminellen Untergrunds zu beenden und stattdessen ein kooperatives System zu etablieren, von dem alle profitieren konnten, insbesondere mit Aussicht auf das Ende der Prohibition. Mindestens 14 kriminelle Organisationen wurden Mitglieder des National Crime Syndicate – darunter die fünf großen Familien der amerikanischen Cosa Nostra, die jüdische Gruppierung Kosher Nostra, der Irish Mob und einige kleinere Gruppen. Dominant blieben jedoch immer die mächtigen Cosa Nostra und Kosher Nostra, da diese die meisten Führungspersonen stellten. Zwar kam es nach der Etablierung des National Crime Syndicate noch immer zu Kleinkriegen zwischen den verschiedenen Organisationen, größere Eskalationen konnten aber zumeist verhindert werden.

Zum unrühmlichen, wenn auch nur vorläufigen, Ende von Lucky Lucianos krimineller Laufbahn sorgte letztlich eine Anklage wegen Zuhälterei und Mädchenhandels. 68 Zeugen, zumeist Prostituierte, sagten im Prozess gegen ihn aus, an dessen Ende Luciano 1936 zu 30 bis 50 Jahren Haft verurteilt wurde. Er wurde allerdings schon 1946 unter der Bedingung aus der Haft entlassen, die USA zu verlassen und nach Italien zurückzukehren. Später war Luciano öfter auf Kuba anzutreffen, wo er seine Finger im florierenden Glücksspiel- und Hotelbusiness im Spiel hatte. Seine Macht schwand jedoch immer weiter, unter anderem aufgrund der Ambitionen seines früheren Verbündeten Vito Genovese zum Capo di tutti i capi, dem Paten aller Paten, zu werden. Lucky Luciano starb schließlich am 26. Januar 1962 am Flughafen von Neapel an einem Herzinfarkt.

In Boardwalk Empire wird Luciano als ehrgeiziger und berechnender Mobster dargestellt, dessen Karriere und Machtkämpfe innerhalb der kriminellen Hierarchie einen zentralen Handlungsstrang bilden.

Meyer Lansky

Meyer Lansky, eigentlich Mejer Suchowlański, war eines der führenden Mitglieder der jüdisch-amerikanischen Mafia-Gruppierung Kosher Nostra. Verglichen mit Al Capone oder Lucky Luciano war Lansky kein Schlägertyp – weniger skrupellos war er aber dennoch nicht.

Ein Hotel in Cuba

Im Hotel Nacional de Cuba fand 1946 die berühmte Havanna-Konferenz des National Crime Syndicate statt. Remy Gieling Unsplash

Meyer Lansky war ein außergewöhnlicher Gangster. Er soll extrem intelligent gewesen sein und ein überdurchschnittlich gutes Gedächtnis besessen haben. Obwohl Lanskys Immobilien immer wieder von der Polizei und vom Federal Bureau of Investigation (FBI) durchsucht wurden, wurden nie Beweise für illegale Machenschaften gefunden, die vor Gericht gegen ihn hätten verwendet werden können – vermutlich deshalb, weil er alle kompromittierenden Daten nur in seinem Kopf aufbewahrte.

Lansky wurde in Grodno geboren, das damals zum Russischen Kaiserreich gehörte und heute auf belarussischem Territorium liegt. Im Alter von neun Jahren kam er mit seiner Mutter und seinem Bruder nach New York und lebte fortan auf der Lower East Side, wo er schon früh auf spätere Mobster traf. Besonders erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang Bugsy Siegel, späterer Besitzer des Flamingo Hotels in Las Vegas.

Die Laufbahn des kriminellen Genies begann mit illegalem Glücksspiel und halbherzigen Versuchen, als Zuhälter Fuß zu fassen. Richtig Fahrt nahm sie jedoch erst mit der Prohibition auf. Gemeinsam mit Dutch Schultz und Bugsy Siegel handelte Lanskys Gruppierung, bekannt als Bugs and Meyer Mob, mit Whiskey. Diesen verkaufte die Gruppe an Speakeasies und andere Orte, an denen illegalerweise Alkohol ausgeschenkt wurde.

Überfälle auf andere in den Alkoholschmuggel und -handel involvierte Gangster wie Waxey Gordon führten bald zu Konflikten, die nicht ohne Opfer blieben. Lansky war auch mit Lucky Luciano befreundet und soll diesem auch dabei geholfen haben, sich Salvatore Maranzanos zu entledigen.

Nach dem Ende der Prohibition konzentrierte sich Meyer Lansky auf den Glücksspielsektor – und auf den Drogenhandel. Unter anderem kontrollierte er die Heroinversorgung der österreichischen Hauptstadt Wien. Auch am Bau des Flamingo Hotels in Las Vegas war er gemeinsam mit Bugsy Siegel beteiligt.

Seiner kriminellen Karriere ging Lansky bis mindestens Anfang 1970 nach, als er aufgrund des wachsenden Fahndungsdrucks durch US-amerikanische Behörden nach Israel flüchtete. Nach 14 Monaten im Nahen Osten wurde er schließlich ausgewiesen, da vermutet wurde, dass er auch von Israel aus seinen illegalen Geschäften weiter nachgehen würde. Später wurde er vom FBI in die USA zurückgebracht. Zwar gab es ab 1973 ein Gerichtsverfahren gegen Lansky, ihm konnte allerdings nichts nachgewiesen werden. Meyer Lansky starb 1983 an Lungenkrebs.

Schlüsselmoment: Das Valentinstag-Massaker (1929)

Am Morgen des 14. Februar 1929, am Valentinstag, wurden in einem Lagerhaus an der North Clark Street in Chicago sieben Männer erschossen. Dieses Ereignis war der Höhepunkt einer nicht enden wollenden Serie von Gewalttaten, die seit der Einführung der Prohibition im Zusammenhang mit der organisierten Kriminalität in vielen US-amerikanischen Städten verübt wurden. Es sorgte für einen öffentlichen Aufschrei – und trug zum Ende der Prohibition bei

Das Massaker war das Ergebnis einer blutigen Rivalität zwischen zwei mächtigen Gangsterbanden in Chicago: der South Side Gang, angeführt von Al Capone, und der North Side Gang, deren führende Figur zu dieser Zeit George Moran war. Die Spannungen zwischen diesen Gruppen hatten sich über Jahre aufgebaut, angeheizt durch gegenseitige Versuche, einander aus dem Alkoholgeschäft zu drängen.

Am Tag des Massakers lockten Capones Männer, verkleidet als Polizeibeamte, mehrere Mitglieder von Morans Gang unter dem Vorwand einer illegalen Alkohollieferung in das Lagerhaus. Die ahnungslosen Opfer wurden an eine Wand gestellt und glaubten an eine routinemäßige Festnahme, wie sie jeden Mobster zu dieser Zeit einmal traf. Stattdessen eröffneten die als Polizisten verkleideten Gangster das Feuer mit Maschinenpistolen. Sieben Männer der North Side Gang wurden getötet, darunter mehrere hochrangige Mitglieder. George Moran selbst entging dem Massaker nur knapp, da er zufällig später am Tatort eintraf.

Das Valentinstag-Massaker schockierte die Öffentlichkeit und führte zu einer verstärkten Aufmerksamkeit der Strafverfolgungsbehörden für die Aktivitäten von Capone und anderen Gangsterbossen. Obwohl Capone allgemein als der Auftraggeber des Massakers angesehen wurde, konnte seine Beteiligung nie endgültig nachgewiesen werden. Niemand wurde jemals für die Morde strafrechtlich verfolgt.

Das Massaker verdeutlichte die brutale Realität in Chicago während der Prohibition und die Unfähigkeit der Strafverfolgungsbehörden, mit der wachsenden Macht und Gewalt der organisierten Kriminalität umzugehen. Es wurde zu einem Symbol für die exzessive Gewalt auf den Straßen und diente als Weckruf für Amerika, die Auswüchse der Prohibition und vor allem die mit ihr verbundene Kriminalität ernst zu nehmen. Was zunächst ein schleichender Prozess war, wurde mit dem Valentinstags-Massaker deutlich: breite Schichten der Gesellschaft hielten die Prohibition nicht mehr für sinnvoll. Diese Veränderung in der öffentlichen Wahrnehmung war entscheidend für die letztendliche Aufhebung der Prohibition.

Ereignisse wie das Valentinstags-Massaker und andere Gewaltausbrüche im Zusammenhang mit der Mafia zu Zeiten der Prohibition zählen zu den dunkelsten Kapiteln in der Geschichte der organisierten Kriminalität.

In Teil 3 unseres Rückblicks werden wir uns dem anhaltenden Einfluss der Prohibitionszeit auf Amerika widmen, sowohl in Bezug auf gesellschaftliche und gesetzliche Veränderungen als auch auf ihre Darstellung und Mythologisierung in der modernen Popkultur.

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