Teil 2: Wie Künstliche Intelligenz (KI) das Pokern verändert

Im ersten Teil unserer Artikelserie über den Einfluss von KI auf das Pokerspiel haben wir Ihnen ein wenig grundlegendes Wissen geliefert. Im zweiten Teil geht es darum, welchen Einfluss KI schon jetzt auf das Spiel hat.
Person am Laptop auf Schreibtisch.

Mit Training können sich Pokerspieler schon jetzt stark verbessern. © Vlada Karpovich/Pexels

KI während des Spiels

Die Verwendung von künstlicher Intelligenz (KI) und Bots während des Pokerspiels ist ein Thema, das in der Pokercommunity intensiv diskutiert wird – immerhin birgt sie das Potenzial, das Spiel grundlegend zu verändern, sowohl auf positive als auch auf negative Art und Weise.

Vor allen Dingen der Trainingsaspekt kann positiv gesehen werden. Richtig eingesetzt, kann KI dafür sorgen, dass Profis in Zukunft noch besser spielen. Während des Spiels selbst sollte KI allerdings auf keinen Fall zum Einsatz kommen – so zumindest der allgemeine Konsens. Erweitert man jedoch sein Blickfeld, kann KI durchaus auch während einer Partie von Nutzen sein, und zwar als Sicherheitslösung. Viele KI-Sicherheitstools sind nämlich dazu in der Lage, Denkmuster von anderen KIs zu erkennen und können so eingesetzt werden, um Partien live zu überwachen und Betrug zu verhindern.

Im Spiel selbst eingesetzt bringen KI-Tools allerdings mehr Nachteile mit sich. Vor allen Dingen sorgen sie dafür, dass Spieler, die sich auf ihre antrainierten Fähigkeiten und vergangenen Erfahrungen verlassen, einen Nachteil haben. Das untergräbt die Integrität des Spiels, das Element menschlicher Psychologie und die Unvorhersehbarkeit, die Poker so einzigartig macht.

Gerade im Onlinepoker ist das ein großes Problem. Die Anonymität des Internets erlaubt es Betrügern, viel leichter unerkannt zu bleiben. Das stellt ein ernsthaftes Problem für Plattformbetreiber dar, die die Fairness und Sicherheit des Spiels gewährleisten müssen. Die Unterscheidung zwischen der legalen Nutzung von KI zur Unterstützung des Spielers und der unerlaubten Verwendung zum Betrug ist daher von zentraler Bedeutung. Während unterstützende Tools, die keine direkten Spielentscheidungen treffen, auf manchen Plattformen akzeptiert werden, wird die Verwendung von Bots, die autonom spielen, als Verstoß gegen die Spielregeln angesehen und führt in der Regel zu einem Ban.

Legal, illegal, nicht egal

Pokerplattformen und die Spielergemeinschaft stehen jetzt also vor der Herausforderung, klare Richtlinien zu etablieren und durchzusetzen, die den positiven Einsatz von KI fördern, während sie gleichzeitig Betrug verhindern und die Essenz des Pokerspiels bewahren. Dies ist leichter gesagt als getan. Dennoch gibt es einige Maßnahmen, die dabei helfen können, die Nutzung von KI im Poker zumindest einzugrenzen.

Hierfür müssen Legalität und Illegalität zunächst einmal definiert werden. Pokerplattformen müssen klare, umfassende Richtlinien entwickeln, die genau definieren, welche Arten von KI-Tools und -Unterstützungen erlaubt sind und welche als unerlaubt gelten. Diese Richtlinien sollten leicht zugänglich und verständlich für alle Spieler sein. Auch die Zusammenarbeit mit lokalen und internationalen Regulierungsbehörden kann und sollte dazu beitragen, einen einheitlichen Rahmen für den Umgang mit KI und Bots, vor allem im Onlinepoker, zu schaffen.

Mensch unterschreibt einen Vertrag.

In den AGBs der Onlinepoker-Anbieter stehen oft Regeln bezüglich der Nutzung von KI-Programmen. © Pixabay/Pexels

Anschließend müssen Maßnahmen zur Überwachung und Sanktionierung implementiert werden. Das wird Pokerplattformen teuer zu stehen kommen, denn sie müssen in fortschrittliche Technologien investieren, um den Einsatz von unerlaubten Bots und KI-Systemen zu erkennen. Dazu gehören Algorithmen zur Mustererkennung, die ungewöhnliches Spielverhalten identifizieren, und regelmäßige Überprüfungen von Spielerkonten auf Anzeichen von Betrug.

Letzten Endes müssen die etablierten Regeln und Richtlinien konsequent durchgesetzt werden. Verstöße müssen streng bestraft und der erneute Zugang von einmal enttarnten Betrügern verhindert werden. Auch das ist leichter gesagt als getan – denn das Internet bietet zahlreiche Versteckmöglichkeiten.

Moralische und ethische Bedenken

Das Thema KI ist generell nicht nur ein handfestes, wissenschaftliches Thema, sondern wirft auch viele ethische und philosophische Fragen auf. Das gilt auch für KI im Pokerspiel. Zum Beispiel stellen sich die Fragen: Ist die Verwendung von KI im Poker gleichzusetzen mit Betrug? Und falls ja, wo ziehen wir die Linie?

“Immer wenn es um hohe Einsätze und viel Geld geht und es etwas gibt, das für einen guten Zweck eingesetzt werden könnte, finden die Leute einen Weg, es in ein Betrugswerkzeug zu verwandeln.”Jason Koon, professioneller Pokerspieler, The New York Times

Die Kernfrage, ob der Einsatz von KI im Poker als Betrug angesehen werden kann, hängt wesentlich davon ab, wie und in welchem Umfang die KI eingesetzt wird. Unterstützende Tools, die Spielern dabei helfen, ihre Fähigkeiten zu verbessern oder ihre strategischen Entscheidungen zu reflektieren, werden in der Regel als akzeptable Hilfsmittel angesehen. Diese Tools können das Lernen fördern und zu einem tieferen Verständnis des Spiels beitragen, ohne direkt in das Spielgeschehen einzugreifen. Immerhin unterscheidet sich das Training mit KI-Tools nicht allzu sehr vom Training mit erfahrenen Pokerspielern – denn auch diese haben jahrelang eine Art Reinforcement Training durchlaufen.

Der Einsatz von autonomen Bots, die unabhängig Entscheidungen treffen und ohne menschliche Intervention spielen, stellt jedoch eine deutliche Überschreitung der Grenze zum unfairen Vorteil dar – darüber sind sich die meisten Experten einig. Der Grund: Solche Praktiken untergraben nicht nur die Grundprinzipien von Fairness und Wettbewerb, sondern beeinträchtigen auch das Spielerlebnis für alle Beteiligten. Denn wer will schon (zumindest im Jahr 2024) gegen einen seelenlosen und fast fehlerfreien Gegner spielen? Die Verwendung von KI kann in diesem Zusammenhang schon fast als Verletzung des Geistes des Spiels angesehen werden.

Hier eine Linie zu ziehen, erfordert also einen Konsens darüber, was Poker ausmacht und wie Technologie das Spiel bereichern kann, ohne seine eigentliche Essenz grundlegend zu verändern. Hierfür bedarf es klarer Richtlinien und einer offenen Diskussion innerhalb der Pokercommunity.

Maßnahmen gegen den Missbrauch von KI und Bots

Obwohl die Diskussion darüber, was überhaupt Betrug ist und was nicht, noch immer recht offen geführt wird und noch lange nicht alle Fragen beantwortet sind, sind vor allem Onlinepoker-Anbieter schon heute dabei, geeignete Schutzmaßnahmen zu implementieren. Ganz vorne dabei: KI-Programme selbst, vor allem Programme aus dem Bereich Maschinelles Lernen (Machine Learning).

Diese Programme können riesige Datenmengen auf einmal verarbeiten und im Zuge dessen Muster identifizieren, die auf Betrug hindeuten könnten. Dabei werden unter anderem das generelle Spielerverhalten und Muster beim Setzen von Spielwährung analysiert.

Um dazu in der Lage zu sein, müssen solche Programme das Spielverhalten echter Spieler kennen. Darauf werden sie lange trainiert. Daten wie die Häufigkeit von Calls, Checks, Bets und Bluffs werden studiert, genauso wie die Zeit, die die Spieler im Durchschnitt brauchen, um Entscheidungen zu treffen. Dabei sind auch die Abweichungen von der Norm von entscheidender Bedeutung.

Entdeckt ein Überwachungsprogramm im Spiel eines Spielers Unregelmäßigkeiten, die gegen die etablierten Normen verstoßen oder verdächtig stark von diesen abweichen, wird der Spieler geflaggt und unter Beobachtung gestellt. Häufen sich Verdachtsmomente, kann der Spieler dann bestraft oder sogar von der Plattform ausgeschlossen werden. Das alles muss natürlich in Echtzeit geschehen, um betrügerische Aktivitäten so schnell wie möglich zu erkennen und ehrliche Spieler zu schützen.

KI-Programme lernen mit der Zeit dazu. Das gilt allerdings für gute KIs genauso wie für schlechte. Es ist also ein Kopf-an-Kopf-Rennen ausgebrochen – und es ist schwer zu sagen, welche Seite es am Ende für sich entscheiden wird. Allerdings wird auch in Zukunft Betrug kaum vollständig verhindert werden können..

Der Fall Ali Imsirovic

Ali Imsirovic (Bosnien, 29) war eine ganze Weile lang einer der aufstrebenden Stars in der Poker-Szene. 2018 konnte er als 23-jähriger die Poker Masters für sich entscheiden – und 2021 gewann er sogar den Titel GPI Global Player of the Year. Sowohl online als auch beim Live Poker konnte ihn scheinbar niemand stoppen.

2022 fand Imsirovics Poker-Karriere jedoch ein abruptes, vorzeitiges Ende. Nachdem er zuerst von der bekannten Onlinepoker-Plattform GG Poker für Multi-Accounts und die Verwendung eines Real-Time-Assistance-Programms gebannt wurde und dies in der Öffentlichkeit breite Beachtung fand, wurde er anschließend von PokerGO auch von Live-Events ausgeschlossen. Dasselbe galt für EPT-Turniere.

Später gab Imsirovic zwar zu, dass er mehrere Accounts genutzt hatte; den Anschuldigungen bezüglich Real-Time-Assistance widerspricht er allerdings noch immer. Dennoch: Sein Fall zeigt, dass die illegale Anwendung von KI-Programmen in der Pokerwelt schwerwiegende Folgen haben und die Karriere eines Pokerprofis beenden kann.

Sie möchten wissen, wie Pokeranbieter und KI-Anbieter selbst auf das Thema reagieren? Dann sollten Sie den dritten Teil unserer Artikelreihe lesen.

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