Bildungs-Chancen-Lotterie vor dem Aus
Die erst 2018 etablierte Bildungs-Chancen-Lotterie soll eingestellt werden. Der Beschluss wurde von den Betreibern am Dienstag (06.08.) via E-Mail mitgeteilt. Grund für das Ende sind vor allem ausbleibende Losverkäufe. Die Idee hinter der Bildungslotterie soll in Zukunft dennoch weiter verfolgt werden. Hier ein Überblick zum Geschehen.
Hohe Marketingkosten und Konkurrenzdruck
Die im Juli 2018 erstmals ausgespielte Bildungs-Chancen-Lotterie steht vor dem Aus. Eigentlich sollten durch den Losverkauf verschiedene Bildungsinitiativen in Deutschland gefördert werden. Jetzt wurde jedoch die Einstellung der Bildungslotterie, die von insgesamt drei Betreibern ins Leben gerufen wurden, per E-Mail mitgeteilt. Zu den Gründen heißt es, die Soziallotterie sei „hinter den Erwartungen zurückgeblieben“. Eine letzte Ziehung wird voraussichtlich am 27. August stattfinden.
Die Meldung wurde erstmals über Deutschlandfunk verbreitet. Demnach seien unter anderem die hohen Marketingausgaben sowie zunehmende Konkurrenz auf dem Lotteriemarkt für die Einstellung verantwortlich. Ein weiterer maßgeblicher Faktor sind ausbleibende Losverkäufe, das öffentliche Interesse an der Ausspielung sei zum Bedauern der Betreiber nur geringfügig ausgefallen.
Der Hauptinitiator der Bildungs-Chancen-Lotterie war die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung. Außerdem war die Hilfsorganisation SOS-Kinderdörfer sowie der Stifterverband der Deutschen Wissenschaft mit in das Projekt involviert. Das gemeinsame Ziel der Initiative war die Förderung von Bildungsprojekten durch Loseinnahmen. Die Initiatoren erhofften sich zusätzliche Gelder durch wöchentliche Ziehungen. Die Kombination aus gemeinnützigem Handeln und der Chance auf eine Jackpot in Höhe von 2 Mio. Euro ging jedoch nicht auf.
Um an dem Lotteriespiel teilzunehmen, konnten die Spieler aus zwei verschiedenen Spielvarianten wählen, erstens einem sogenannten Solo-Los-Verfahren und zweitens einem Team-Los-Verfahren. Mindestens 30 Prozent der Erlöse sollten direkt an eine wohltätige Organisation fließen. Welche Art von Kunden die Soziallotterie mit ihrem Konzept erreichen wollte, wurde von Geschäftsführer Roland Mlynek noch im Juli letzten Jahres umrissen. Hier hieß es im Zitat:
“Die Bildungs-Chancen-Lotterie verbindet eine innovative Spielmechanik mit dem einzigartigen Förderzweck Bildung. Unser Anliegen ist es, sowohl bildungsaffine Zielgruppen als auch klassische Lotteriespieler anzusprechen, um damit ein unvergleichliches Spielerlebnis zu vermitteln.”
Hohe Marketingkosten und Konkurrenzdruck
Laut Moritz Kralemann (Stifterverband) beweise das Aus der Lotterie, wie schwierig die Zielgruppe der „bildungsgeneigten Lottospieler“ zu erreichen ist. Demnach spielen zurzeit nur etwa 8.000 Privatkunden die Bildungs-Chancen-Lotterie per Abonnement. Drüber hinaus habe die Initiative lediglich 10.000 Lose an diverse Unternehmen verkauft. Auch wenn die Zahlen auf den ersten Blick lukrativ erscheinen, sei dies unter dem Strich zu wenig, um einen konstanten Spielbetrieb aufrechtzuerhalten und sich gegen die wachsende Konkurrenz zu behaupten. Um eine langfristig sichere Gewinnschwelle zu überschreiten, seien laut Kralemann mindestens 40.000 bis 50.000 regelmäßige Spieler nötig.
Fehlende Erfahrung im Lotteriegeschäft?
Das Aus der Bildungs-Chancen-Lotterie könnte zudem auf mangelnde Erfahrung im Lotteriegeschäft zurückgeführt werden. Binnen letzter Jahre hat sich in diesem Sektor einiges getan: Sowohl staatliche Lotterieanbieter wie Lotto Toto also auch diverse deutsche Soziallotterien konkurrieren seit einigen Jahren mit sogenannten Zweitlotterien aus dem europäischen Ausland, zum Beispiel Lottoland. Die Lotterien müssen daher besonders viel Geld in Marketing und Werbung fließen lassen, um am Markt gegen die häufig sehr finanzstarken Konkurrenten zu bestehen.
Die Initiatoren der Bildungs-Chancen-Lotterie könnten diesen Faktor unterschätzt haben. Dass Zweitlotterien zu Lasten der Allgemeinheit gehen, betont unter anderem der Lotto Toto-Vorsitzende Torsten Meinberg schon seit Jahren.
Laut Kralemann seien in diesem Kontext außerdem „komplizierte Vertriebsfragen“ und der ebenso langwierige wie kostenintensive Markenaufbau unterschätzt worden. Dazu kommen diverse Expertenratschläge und Marktanalysen, die das Projekt vorab zu optimistisch bewertet haben.
Weitere zukünftige Pläne
Auch wenn die Bildungs-Chancen-Lotterie in ihrer jetzigen Form keine Zukunft hat, wollen die Betreiber ihre Idee von einer Bildungslotterie weiterhin verfolgen. Die Pläne sehen vor fortan mit einem erfahrenen Vermarktungsunternehmen aus der Glücksspielbranche zu kooperieren. Die Zusammenarbeit soll dafür sorgen, dass die Angebote der Lotterie zukünftig einem breiteren Spektrum potenzieller Spieler zugänglich gemacht werden.
Im Vorfeld sind die Betreiber allerdings dazu gezwungen, eine neue Glücksspiellizenz zu beantragen. Sofern diese erteilt wird, könne eine neue Bildungslotterie laut Kralemann bereits ab Januar 2020 etabliert werden. Im Bereich der gemeinnützigen Bildungsinitiativen könnte sich dies durchaus positiv auswirken: Seit Juli letzten Jahres hat die Bildungs-Chancen-Lotterie immerhin rund 450.000 Euro für diverse Hilfsorganisationen eingespielt.
Eine ganze Reiher deutscher Lotterien setzt sich im Übrigen bereits für wohltätige Zwecke ein: Allein der Deutsche Lotto Toto-Block führt jährlich rund 39 Prozent seiner Einnahmen (~ 7,3 Mrd. Euro) für karitative Projekte ab. Die größte Soziallotterie Deutschlands ist die Aktion Mensch, die sich vorwiegend für behinderte Menschen und Minderheiten einsetzt. Dazu kommt Bingo!-Die Umweltlotterie, die vor allem Natur- und Umweltschutzprojekte fördert. Die Vereinslotterie macht sich darüber hinaus für das deutsche Vereinswesen stark.
Insofern könnte der Bereich Bildung tatsächlich eine Marktlücke darstellen. Ob es jedoch zur Etablierung einer neuen – und vor allem wettbewerbsfähigen Bildungs-Chancen-Lotterie kommt, bleibt vorerst abzuwarten.