Bordcasinos auf Erfolgswelle
“Bald, glaube ich, wollen die Kreuzfahrer überhaupt keine interessanten Orte mehr besuchen, sondern raus aufs Meer fahren, je weiter weg vom Festland, desto besser”, beobachtete der Schriftsteller Wladimir Kaminer bei den Recherchen für sein Buch “Die Kreuzfahrer”. Immer stärker ist es das Entertainment an Bord, das die Passagiere anzieht, nicht so sehr die exotischen Reiseziele. Kreuzfahrten, darüber wird die Internationale Tourismusbörse (ITB) in Berlin im März wiederum Aufschluss geben, sind das am schnellsten wachsende Segment im Reisemarkt. Fester Bestandteil der Attraktionen an Bord ist das schwimmende Casino.
Verschwimmende Grenzen
Ist man erst einmal weit genug vom Festland weg, 24 Seemeilen, ist das Glücksspiel an Bord freigegeben. Das Schiff muss nur unter der Flagge eines Landes fahren, in dem Gambling legal ist. Daher ist das so genannte Ausflaggen gang und gäbe: Deutsche Schiffe fahren unter den Farben eines Landes, das Glücksspiel zulässt. Beliebt ist unter anderem Malta als Flaggenstaat, TUI Cruises kreuzt unter dem Malteserkreuz. Spieler finden daher an Bord alles entsprechend den bekannten und bewährten Standards der Malta Gaming Authority vor, bei der auch viele Online Casinos lizenziert sind.
Wenn das Schiff internationale Gewässer wieder verlässt, muss das Casino oft zeitweilig schließen. Fahren Kreuzfahrtschiffe den Hamburger Hafen an, müssen sie es ab Helgoland sperren, da auf deutschen Gewässern kein Glücksspiel erlaubt ist. In anderen Ländern sieht das ganz anders aus. Berühmt sind zum Beispiel die schwimmenden Casinos von Goa in Indien oder die Glücksspieldampfer auf dem US-amerikanischen Mississippi.
Kaum eine Kreuzfahrtlinie verzichtet inzwischen noch auf Casinos an Bord. Die neuesten Angebote lassen die Grenzen zwischen herkömmlichem Glücksspiel und Online Gambling im wahrsten Sinne des Wortes verschwimmen. Der Branchenriese AIDA bietet seinen Gästen für ihren Trip zum Beispiel eine mobile Casino App an, mit der sie auf ihrem iPhone oder iPad an allen Orten des Schiffs spielen können, ohne das Casino überhaupt betreten zu müssen. Die Spielbank selbst hält das gesamte Portfolio bereit, das man erwarten darf: Slots, progressive Jackpots, Roulette, Poker, Blackjack, Bingo, Rubbellose. Zusätzlicher Vorteil: Während der Kreuzfahrt kann man Casino-Einführungskurse belegen.
Hohe Einsätze auch auf hoher See möglich
Schon in den 90-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gab es Kreuzfahrten, die im Wesentlichen nur einen Zweck erfüllten: Spieler in sichere Gewässer zu schippern, wo sie ihrer Leidenschaft nachgehen konnten. Vor allem im asiatischen Markt geht es für viele Passagiere immer noch genau darum, wenn sie sich einschiffen. Einige Kreuzfahrtunternehmen bieten ausgesprochene Poker-Cruises mit Turnieren an. Für den europäischen Normal-Kreuzfahrer ist das Casino im Allgemeinen aber nur eines von vielen Zerstreuungsangeboten an Bord.
Er kann dennoch aus einem üppigen Angebot wählen. Die Norwegian Cruise Line etwa hält in ihren Casinos at Sea mehr als 2800 Spielautomaten bereit, die gesamte Palette der Tischspiele, Slot-, Blackjack- und Pokerturniere sowie VIP-Programme und High-Roller-Tische. Als ihr größtes und innovativstes Casino bezeichnet sie die Spielbank ihrer “Norwegian Escape”. Dieses Schiff kann mehr als 4.000 Passagiere befördern und ist zwischen den Bahamas, der Karibik, Kanada, Neuengland und Bermuda unterwegs. An den Spieltischen sind Einsätze bis zu 5.000$ möglich, in einem separaten VIP-Raum darf es auch höher zur Sache gehen.
Das Geschäft der Zukunft liegt in Asien
Trotz der wachsenden Kritik an den ökologischen Folgen der Kreuzfahrerei und Overtourismus-Belastungen von Städten wie Venedig durch die riesigen Cruise Liner wächst dieser Markt immer noch stärker als das gesamte Reisegeschäft. 2017 gab es 27 Millionen Kreuzfahrten auf den Weltmeeren, und vor allem in Asien steigt die Nachfrage nach dieser Reiseform laut der Langzeiterhebung World Travel Monitor immer noch – und damit auch nach ansprechenden Casino Angeboten, die unter Asiaten besonders beliebt sind. Zu deren Lieblingsspielen gehören Baccarat und Sic Bo. Ein Schiff wie die “Norwegian Joy” von Norwegian Cruise Line ist darauf voll ausgelegt. Ihr Konzept zielt vornehmlich auf den chinesischen Markt.
Immer noch aber kommt das meiste Geschäft aus Nordamerika, Europa ist der zweitwichtigste Markt für die Kreuzfahrtlinien. 2016 zählte die deutsche Kreuzfahrtbranche schon mehr als zwei Millionen Passagiere. Populäre Zielländer für internationale Kreuzfahrten sind Mexiko, Kanada, die USA, Spanien und Italien. Deutsche Seereisende bevorzugen überwiegend jedoch europäische Gewässer.
Längst sind es nicht mehr nur betuchte Rentner, die man auf den Kreuzfahrtschiffen antrifft. Das Publikum ist in den vergangenen Jahren jünger geworden – mit entsprechenden Erwartungen an ein modernes Unterhaltungsangebot. Kreuzfahrt-Passagiere sind eine überdurchschnittlich einkommensstarke Kundengruppe, die gerne in die Tasche greift. Laut weiterer Ergebnisse einer Untersuchung des World Travel Monitors von IPK International im Auftrag der Messe aus dem vergangenen Jahr geben sie auf internationalen Cruises im Durchschnitt 230€ pro Nacht aus.
“Der Kreuzfahrtmarkt boomt seit Jahren und ist eine der eindrücklichsten Erfolgsstorys im Tourismus. Das rasante Kapazitäts-Wachstum geht auch die nächsten Jahre mit zahlreichen Neubauten weiter.”– ITB, Einladung zu Podiumsdiskussion über Kreuzfahrten
Maritime Kult-Casinos
Spielvergnügen auf hoher See hat einen besonders edlen Rahmen an Bord von Ikonen wie der “Queen Mary 2” der Cunard Line. Ihr Empire Casino empfängt gediegen mit neun Spieltischen und knapp 60 Spielautomaten. Roulette ist ebenso im Angebot wie Blackjack, Three card poker und Heads up Texas Hold’em.
Weit größere Dimensionen zeichnen das Casino Royale der “Allure oft the Seas” (Royal Caribbean International) aus, eines der größten Schiffe der Welt. Zusammen mit dem Schwesterschiff “Oasis of the Seas” der gleichen Reederei darf sie sich der größten seegängigen Spielbank rühmen, beide Schiffe bieten jeweils rund 450 Spielautomaten und mehr als zwei Dutzend Tischspiele.
Stationär, aber nicht weniger kultig ist das Sunborn Casino Admiral an Bord eines Yacht-Hotels, das in der Ocean Village Marina von Gibraltar ankert. Es beschränkt sich zwar auf drei Dutzend Slots und einige Spieltische, bietet aber eine umwerfende Aussicht auf den britischen Affenfelsen, seine waghalsig konstruierte Flugzeug-Landebahn und – gutes Wetter vorausgesetzt – die afrikanische Küstenlinie.
Treue- und VIP-Programme
Alle großen Kreuzfahrt-Linien bieten Prämiensysteme für Spieler an Bord. Spielerische Aktivitäten können sich dadurch direkt als ein Kajütenupgrade, ein besonderer Leckerbissen in einem Restaurant, Gratisdrinks oder Ähnliches niederschlagen. Im Falle von Casino-Gewinnen natürlich auch als Cash, das praktisch auf der Passagierkarte gespeichert wird, die Zugang zu allen Aktivitäten an Bord eröffnet, auch zu den Spielautomaten. Ein recht ausgefeiltes Prämiensystem bietet der Carnival Players Club der Carnival Cruise Line an, aber auch andere Reedereien haben attraktive Angebote, die denen von Online Casinos gleichen. Wie auch an Land ist das Mindestalter für die Wahrnehmung der Gambling-Offerten 18 Jahre, mitunter auch 21 Jahre. Anders als am Bordpool sind Badekleidung und Flip-Flops im Casino nicht gern gesehen.
Die unkomplizierte Art der Abrechnung ist ein wesentlicher Vorteil des Spielens an Bord. Die Cruise Line MSC ist für das Management der Casinos ihrer Schiffe eine Partnerschaft mit dem bekannten Spiele- und Software-Entwickler Playtech eingegangen. Das führt auf vielen Schiffen des Unternehmens zu einer äußerst komfortablen Spieler-Existenz: Der Zimmerschlüssel reicht für Transaktionen.
Ein weiteres Kooperationsmodell besteht zwischen der Gauselmann Gruppe und TUI Cruises. Ergebnis ist das Casino Merkur Mare auf “Mein Schiff1” und “Mein Schiff2”. Gauselmann, für seine Echtgeld Slots Casinos bekannt, betreibt zudem auf vier Schiffen der spanischen Reederei Pullmantur Cruises S.L. Spielbanken.
Die Flotte wächst
Die hochexpansive Entwicklung der Kreuzfahrten und damit auch des Glücksspiels zur See hat noch längst nicht ihren Endpunkt erreicht. In diesem Jahr sollen 25 neue Kreuzfahrtschiffe auf Jungfernfahrt gehen.
Für die fernere Zukunft ist auch ein megaexklusiver schwimmender Casino-Zuwachs möglich. Kürzlich enthüllte der südkoreanische Designer Chulhun Park Pläne für die größte Privatyacht der Welt, ein schwimmendes Anwesen von 230 Metern Länge namens “Valkyrie”. In den Konstruktionszeichnungen vorgesehen ist auch ein Casino. Angesichts der Luxus-Liga, in der zukünftige Gäste dieses Schiffes zu Hause sein müssen, wird es wohl nur etwas für Top High Roller sein.