DVTM kritisiert Einsatzsteuer scharf
Der Deutsche Verband für Telekommunikation und Medien (DVTM) hat scharfe Kritik an der Einsatzsteuer von 5,3 Prozent für Online Spielautomaten und Online Poker geübt. Die Steuer gefährde die Kanalisierung in den regulierten Sektor und damit alle weiteren Zielsetzungen des neuen Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV). Die Novelle sieht die Regulierung von Online Casinos, Online Sportwetten und Online Poker ab Juli vor. Wie sehen die Kritikpunkte des Verbandes im Detail aus?
Experten-Meinungen in den Wind geschlagen
Die vom Finanzausschuss des Bundesrats vor knapp drei Wochen verabschiedete Einsatzsteuer sorgt weiterhin für erhebliche Kontroversen: Nach heftiger Kritik von der EGBA (European Gaming and Betting Association) und dem DOCV (Deutscher Online Casinoverband) hat das Steuermodell nun auch der DVTM infrage gestellt. Die Politik verspiele den Verbraucherschutz, um höhere Steuereinnahmen zu generieren, so die Vorwürfe.
Durch die Einsatzsteuer könnten laut Finanzministerium über 1,3 Milliarden Euro an zusätzlichen Steuern eingenommen werden. Allerdings gefährde das Modell laut DVTM die oberste Zielsetzung des neuen GlüStV – die Kanalisierung der Kundschaft in den regulierten Markt. Damit würden auch alle nachrangigen Verbraucherschutzziele des neuen Staatsvertrags aufs Spiel gesetzt, denn knapp 50 Prozent der Spieler würden in den Schwarzmarkt gedrängt.
Laut Renatus Zilles, Vorstandsvorsitzender des DVTM, begrüße man das neue Gesetz grundsätzlich – außerdem bekenne man sich zu der obersten Zielsetzung. Doch leider habe die Politik alle Gutachten und Experten-Meinungen in den Wind geschlagen. Durch die Einsatzsteuer würde die Verbesserung des Jugend- und Spielerschutzes pulverisiert. Es drohe nun ein politischer und wirtschaftlicher Kollateralschaden für Deutschland.
Im Mai hatte eine Goldmedia-Studie eindringlich vor der Einsatzsteuer gewarnt. Die Marktforscher gelangten nach einer Onlineumfrage unter 619 Spielern zu dem Schluss, dass unter der Einsatzsteuer 49 Prozent aller Spieler auf den Schwarzmarkt überspringen würden. Weil üblicherweise die Bruttospielerträge und nicht die Spieleinsätze besteuert würden, wären die in Deutschland lizenzierten Online Casinos nicht mehr konkurrenzfähig. Die Folge sei eine Absenkung der Auszahlungsquoten (Return to Player, RTP) von derzeitig über 96 auf mindestens 90 Prozent. In Auftrag gegeben wurde die Studie von den Glücksspielfirmen Entain, Flutter und Greentube (Novomatic), die alle zu den ersten deutschen Lizenznehmern gehören.
DVTM: Auswirkungen werden unterschätzt
Laut DVTM habe Deutschland eine Kanalisierung von 88 Prozent geplant. Dies könne aber nur funktionieren, wenn der rechtliche Rahmen so ausgestaltet ist, dass die Angebote für die Spieler auch attraktiv genug sind. Vor allem die Regulierungen des GlüStV für Online Casinos stießen hier zuletzt auf Kritik, denn besonders im digitalen Zeitalter seien auf dem Graumarkt etliche alternative Angebote zu besseren Konditionen verfügbar. Daher habe die Einsatzsteuer gravierende verbraucherschutzpolitische, wirtschaftliche und fiskalpolitische Auswirkungen, die vom Bundesrat unterschätzt würden.
Dieser strebt, um die Steuer umzusetzen, eine Überarbeitung des sogenannten Rennwett- und Lotteriegesetzes (RennwLottG) von 1922 an, was von Anfang an für Kritik sorgte. Die Besteuerung der Spieleinsätze von 5,3 Prozent käme, so der DVTM, einer 125-fachen Bruttospielertragssteuer gleich, die auf den europäischen Märkten normalerweise zwischen 15 und 30 Prozent liege. Der mühsam errungene GlüStV würde konterkariert und der Spielerschutz durchkreuzt.
Ökonomen haben aus denselben Gründen vor der Einsatzsteuer gewarnt, so zum Beispiel Forscher der Heinrich-Heine-Universität-Düsseldorf (HHU). Laut einem Gutachten wirkt die Einsatzsteuer den Zielen des GlüStV vehement entgegen. Andere regulierte Märkte Europas würden beweisen, dass sich Online Casinos nur über Spielertragssteuer effektiv besteuern lassen. Bei Online Spielautomaten, Online Casinospielen und Online Poker sei auf eine Einsatzsteuer zu verzichten. Bei Lotterien und Sportwetten wäre es ebenfalls vorteilhaft, auf eine Spielertragssteuer umzusteigen. Nur so ließen sich die gesetzten Verbraucherschutzziele erreichen, weil eine Abwanderung der Kundschaft verhindert würde.
Werden terrestrische Anbieter bevorzugt?
Noch weiter als die Kritik des DVTM reicht die der EGBA, dem größten Glücksspielverband Europas mit Sitz in Brüssel. Laut einer Untersuchung verstoße die Einsatzsteuer gegen das EU-Recht, da terrestrische und staatliche Glücksspielfirmen bevorzugt würden. Laut EU-Beihilfeverordnung dürfe ein Mitgliedsstaat für bestimmte Firmen oder Industriezweige keine Vorteile gewähren, indem er auf den Handel, zum Beispiel durch Steuersätze, Einfluss nimmt.
Allerdings würde das geplante Steuermodell zum Beispiel in Bayern dazu führen, dass Online Poker mit vier- bis fünfmal höheren Steuern belastet würde als das Pokern in terrestrischen Spielbanken und Casinos. Bei Online Spielautomaten sei der Kontrast noch schärfer, hier wären die Sätze sogar 15-mal höher als bei Spielautomaten in herkömmlichen Spielhallen.
EGBA-Generalsekretär Maarten Haijer erklärte, eine Beschwerde bei der EU einreichen zu wollen, falls die Einsatzsteuer umgesetzt wird. Man begrüße zwar die Regulierung des Online Glücksspiels und habe vollstes Verständnis dafür, dass der Sektor besteuert wird. Es bestehe allerdings die Möglichkeit, dass Spieler zunehmend in Casinos ohne Lizenz spielen oder den Lizenznehmern die Wettbewerbsgrundlage entzogen wird. Es bleibt abzuwarten, ob Haijer seine Drohung wahr machen wird.