Ehemalige Spitzenpolitikerin wechselt zu Novomatic
Die langjährige Chefin der österreichischen Partei Die Grünen, Eva Glawischnig, wechselt zum Glücksspielkonzern Novomatic. Sie hatte dem Unternehmen wiederholt eine zu große Nähe zur Politik vorgeworfen. Die Personalie sorgt für einen Sturm der Entrüstung.
Glawischnig übernimmt bei Novomatic die Bereiche „Corporate Responsibility und Sustainability“, Unternehmensverantwortung und Nachhaltigkeit. Dies gab der Konzern auf einer Pressekonferenz am vergangenen Freitag bekannt. Aufgrund eines Artikels des Satiremagazins dietagespresse.com, der aus der unveränderten Agenturmeldung bestand, wurde die Nachricht zunächst für einen Scherz gehalten. Und dieser Verdacht drängte sich durchaus auf, ist die 49jährige doch als vehemente Kritikerin des Glücksspiels im Allgemeinen und Novomatics im Speziellen bekannt.
Doch genau diese Eigenschaft als Mahnerin für gesellschaftlich verträgliches Spiel ist es, die sich Novomatic scheinbar zunutze machen will. Laut Pressemitteilung strebe man nach globaler Marktführerschaft und wolle auch im Bereich des Verantwortungsmanagements „weltweit Maßstäbe setzen“. Glawischnig eigne sich aufgrund ihrer politischen Erfahrung und ihrer Tätigkeit für die Umweltorganisation Global 2000 besonders für diesen Bereich. Die Differenzen der Vergangenheit seien weitgehend ausgeräumt.
Natürlich gab es in der Vergangenheit durchaus Kontroversen zwischen unserem Unternehmen und Eva Glawischnig. Letztendlich hat Frau Glawischnig NOVOMATIC dadurch besser kennengelernt und wir haben gesehen, dass unsere Ansichten sich größtenteils decken.Harald Neumann, Chef von Novomatic
Eva Glawischnig war erst im Sommer 2017 überraschend als Parteichefin und Sprecherin der Grünen zurückgetreten. Sie nannte gesundheitliche Erwägungen als entscheidenden Beweggrund. Dem damals anstehenden Wahlkampf wollte sie sich nicht mehr aussetzen. Sie gehörte beinahe 20 Jahre zur Führungsriege ihrer Partei. Während dieser Zeit standen sie und ihre Partei dem Glücksspiel kritisch gegenüber und betonten vor allem soziale Risiken durch Spielsucht.
Verheerendes Medienecho
Sowohl in der österreichischen Presse als auch in sozialen Medien wurde der Wechsel der Politikerin in die Glücksspielbranche verurteilt. Dass Glawischnig ihre gesamte politische Laufbahn unglaubwürdig mache und dem Ruf des Geldes folge, sind dabei noch die freundlicheren Vorwürfe. Novomatic gehe es bei der Personalie um „Greenwashing“, man wolle in durchsichtiger Weise vorgeben, sich um Unternehmensverantwortung zu kümmern, indem man eine Kritikerin dafür zuständig erkläre.
Tatsächlich scheint sich bei Glawischnig ein recht erstaunlicher Sinneswandel vollzogen zu haben, wenn man ihre Aussagen der letzten Jahre zum Thema Glücksspiel zugrundelegt. 2010 noch verglich die Politikerin die Folgen der Spielsucht mit denen einer Krebserkrankung, 2011 warf sie Novomatic vor, Einfluss auf die Gesetzgebung zu nehmen:
Ich denke, dass die, die halt Geld haben, Einfluss haben, wie die Novomatic, ich spreche es auch offen aus, auch wirklich Gesetze beeinflussen.Eva Glawischnig im Juli 2011
Das scheint sie dem Unternehmen nicht länger übel zu nehmen. Für sie sei Novomatic „im Wesentlichen ein Hightechkonzern“ und sie habe „schon immer bei den ganz Großen dabei sein“ wollen. Bereits vor ihrem Ausscheiden aus der Politik hatte sie allerdings die Position vertreten, dass durch Verbote die Spielsucht nicht verschwinden werde. Gut möglich also, dass sie den Wechsel im guten Glauben vollzieht, an verantwortlicher Stelle innerhalb der Branche mehr bewirken zu können. Darauf lassen zumindest ihre Aussagen im Interview mit der Krone schließen.
Nicht zuletzt die Frage nach der Zukunft des Online Spiels ist bei dem österreichischen Glücksspielriesen derzeit ungeklärt. Wegen rechtlicher Unsicherheiten hatte das Unternehmen zuletzt seine Produkte in Deutschland vom Markt genommen, die Online Casinos müssen seitdem ohne die gerade bei Spielotheken Besuchern so beliebten Novoline Spiele auskommen. Möglicherweise könnte Glawischnig ihre Kontakte in die deutsche Politik nutzen, um der Novomatic einen Wiedereinstieg in den Onlinesektor ohne Gefährdung ihrer stationären Glücksspiellizenzen zu ermöglichen.
Unverständnis in der Partei
Ihrer Partei hat sie damit allerdings einen Bärendienst erwiesen. Ihre politischen Weggefährten nehmen ihr den Schritt übel, es herrscht Unverständnis und Frustration in den Reihen der Grünen. Die Ankündigung der Personalie fällt in die Endphase des Wahlkampfes in Kärnten und die Partei hat sich vom plötzlichen Ausscheiden Glawischnigs vor etwa 8 Monaten ohnehin kaum erholt. Ihre ehemaligen Kollegen sahen sich denn auch bemüht, ihre weiterhin bestehende Gegnerschaft zu Novomatic zu betonen. „Dann bekämpfen wir die Praktien von Novomatic halt auch gegen eine Nachhaltigkeitsmanagerin Eva Glawischnig“, sagte etwa der Abgeordnete Sigi Maurer.
Manche Kommentatoren sprechen sogar von „verspäteter Rache“ an ihrer Partei als Motiv für den Jobwechsel. Innerparteiliche Schwierigkeiten als Rücktrittsgrund hatte Glawischnig allerdings stets dementiert und persönliche, gesundheitliche Gründe genannt. Nach den Reaktionen der Öffentlichkeit auf ihren neuen Job hat sie ihre Mitgliedschaft bei den Grünen allerdings aufgegeben.