Glücksspiel-Gigant 888 entfernt Werbung aus dem Londoner Verkehrssystem

Der weltweit bekannte Glücksspiel-Anbieter 888 hat angekündigt, bestimmte Werbeplakate aus dem Londoner Verkehrssystem zu entfernen. Dabei handelt es sich beispielsweise um Werbeanzeigen auf Fahrzeugen oder Werbeplakaten in der Londoner U-Bahn. Die Entscheidung wurde gefällt, nachdem ein politischer Streit über die in London erlaubten Werbemaßnahmen entfacht ist.

Aufnahme eines Schildes der Londoner U-Bahn.

In Londoner Zügen und Taxen wird bald keine Werbung des Glücksspiel-Konzerns 888 mehr zu sehen sein (Symbolbild). © Ichigo121212/pixabay.com

888 will Marketing überdenken

Der Glücksspiel-Gigant 888 soll gegenüber der britischen Zeitung The Guardian bestätigt haben, bestimmte Werbeanzeigen aus dem Londoner Verkehrssystem entfernen zu wollen. Dabei handele es sich um eine aktuelle Kampagne, die beispielsweise in den Kabinen der Londoner U-Bahn beworben werde.

Prof. Henrietta Bowden-Jones, 60, gilt als eine der führenden Sucht-Expertinnen in Großbritannien. Sie hat eine Aufnahme eines Werbeplakats von 888 veröffentlicht [Beitrag auf Englisch]:

Übersetzung: Nein, es ist kein Casino, es ist ein Waggon der Londoner U-Bahn. Ich habe das Foto gemacht. Unter dieser Glücksspielwerbung saß ein Kind in Schuluniform.

In der Kritik stünden vor allem die Slogans This carriage is now a casino (Dieser Wagen ist jetzt ein Casino) und Fancy a spin? (Lust auf einen Spin?). Ein Sprecher von 888 habe erklärt, dass ein Teil der derzeit laufenden Werbekampagne gestoppt werde. Das Unternehmen reagiere damit auf Kritik von Experten und der Bevölkerung:

Wir hören uns kontinuierlich Rückmeldungen zur Wirksamkeit unserer Werbekampagnen an und erkennen an, dass unsere neueste Kampagne trotz vollständiger Einhaltung aller Werbevorschriften und -standards anders interpretiert werden könnte als die von uns angestrebte Markenposition., Sprecher von 888, The Guardian

The Guardian berichtet weiter, dass derzeit in mehr als 80 britischen Kommunen Maßnahmen ergriffen würden, um Glücksspiel-Werbung einzuschränken. In London findet diesbezüglich ebenfalls eine aktuelle Diskussion statt.

Diskussion um erlaubte Werbemaßnahmen vor der Bürgermeisterwahl

Die Entscheidung von 888, bestimmte Werbeanzeigen aus dem Londoner Verkehrssystem zu entfernen, soll auf einen aktuellen politischen Streit zurückzuführen sein. Am 3. Mai wird in London ein neuer Bürgermeister gewählt werden.

Dem aktuell regierenden Bürgermeister Sadiq Khan, 53, Labour, werde vorgeworfen, nicht genug gegen potenziell gefährliche Glücksspiel-Werbung unternommen zu haben. Er hätte vor seiner Wahl versprochen, Glücksspielwerbung einschränken zu wollen. Im Jahr 2021 habe er sich in einem Schreiben an die Londoner Verkehrsbetriebe dafür eingesetzt, jedoch seien diese Versuche erfolglos geblieben.

Seitdem sei nichts mehr geschehen. Deshalb geriet er bereits Ende 2023 in Bedrängnis, als Bürger ein Verbot von Glücksspiel-Werbung in öffentlichen Verkehrsmitteln forderten. Ihm wurde damals vorgeworfen, sein Wahlversprechen nicht eingehalten zu haben.

Seine Widersacherin Susan Hall, 69, von der konservativen Partei habe ihn vor wenigen Tagen wegen seiner Untätigkeit kritisiert. Ihre Aussagen habe sie auf die Ergebnisse verschiedener Ärzte und Experten gestützt, die einen direkten Zusammenhang zwischen Glücksspielwerbung und problematischem Glücksspiel aufzeigten.

Was bedeutet die Entscheidung für 888?

Der Glücksspiel-Konzern 888 scheint sich derzeit im Umbruch zu befinden. Aus den Geschäftszahlen für das Jahr 2023 gehe ein Rückgang von 25 % im operativen Geschäft hervor. Der Nettoverlust des Unternehmens habe bei 56,4 Millionen GBP (ca. 66,05 Millionen EUR) gelegen. Deshalb plane 888 eine Neuausrichtung.

Das Unternehmen hat seit Oktober 2023 einen neuen CEO. Außerdem werde an einem neuen Konzept gearbeitet und sogar ein neuer Name, Evoke, sei im Gespräch.

Dass die Verantwortlichen sich nach der Kritik an der laufenden Werbekampagne in London dafür entschieden hätten, diese zu entfernen, könnte als erstes Signal der Neuausrichtung verstanden werden. Die aktuelle Diskussion könnte immerhin auch mit einem Imageschaden für 888 verbunden sein.

Keine klare Linie?

Sadiq Khan sieht sich mit dem Vorwurf konfrontiert, keine klare Linie in Bezug auf Werbung zu haben. Während seiner Amtszeit habe er Werbemaßnahmen für Glücksspiel und Sportwetten erlaubt oder geduldet.

Gleichzeitig seien laut seiner Kontrahentin weitaus weniger kritische Marketing-Kampagnen verboten worden. So seien etwa Werbung für Artisan Cheese (handgemachter Käse) oder die beliebten Erdbeeren mit Sahne, die viele Menschen mit Wimbledon verbinden, verboten worden. Die Begründung sei, dass diese Lebensmittel als ungesund eingestuft würden. Hall sagte diesbezüglich:

Sadiq Khans Widersprüchlichkeit, welche Werbung er erlaubt und welche er verbietet, ist für die Londoner verwirrend. Er verbietet Werbung mit Käse oder Erdbeeren und Sahne, während er in Bezug auf Vaping und Glücksspiel völlig entspannt ist? Wir brauchen hier einen gesunden Menschenverstand und eine klare Herangehensweise, nicht eine, die es dem Bürgermeister erlaubt, seine Favoriten zu bevorzugen.Susan Hall, Kandidatin für das Bürgermeisteramt in London, The Guardian

Sadiq Khan hat bereits angekündigt, das Thema zu überdenken, sollte er wiedergewählt werden. Er habe eine unabhängige Bewertung in Auftrag gegeben und beziehe die Ergebnisse im Falle seiner Wiederwahl in seine zukünftigen Maßnahmen ein.

Es bleibt abzuwarten, wer die Bürgermeisterwahl in London gewinnen und welche Maßnahmen der Gewinner oder die Gewinnerin in Bezug auf Glücksspielwerbung ergreifen wird.

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