Studie zum Glücksspielstaatsvertrag: Fördern bestehende Gesetze illegales Glücksspiel anstatt es zu verhindern?
Eine aktuelle Studie der Universität Leipzig unter Leitung von Professor Gunther Schnabl und Taiki Murai sei zu dem Ergebnis gekommen, dass rund die Hälfte des Online-Glücksspiels in Deutschland auf illegalen Plattformen stattfinde, wie Medien übereinstimmend berichten. Der Deutsche Online Casinoverband (DOCV) und der Deutsche Sportwettenverband (DSWV), die Auftraggeber der Studie, hätten daher Forderungen in Bezug auf Glücksspielinhalte, Werberichtlinien und steuerliche Aspekte formuliert.
Gegenteiliger Effekt durch zu strenge Regeln?
In der Zusammenfassung der Studie, die auf der Website des DSWV heruntergeladen werden kann, werden die Anteile des legalen und illegalen Glücksspiels am Gesamtmarkt in Deutschland dargestellt.
Demnach habe das illegale Angebot das legale Glücksspiel in den letzten Jahren eingeholt und teilweise sogar überholt. Die Kanalisierungsrate, also der Anteil des gesamten Glücksspielmarktes, der auf legale Anbieter entfällt, habe zuletzt nur bei 50,7 % gelegen, während 28,9 % auf nicht-lizenzierte EU-Anbieter und 19,9 % auf nicht-lizenzierte Offshore-Anbieter entfallen seien.
Nach Auffassung des DSWV gebe es mehrere Treiber für diesen Trend:
Grund für diese Entwicklung ist ein enormes Schwarzmarktangebot im Internet, das mit wenigen Klicks erreichbar ist und rund um die Uhr beworben wird. Zugleich unterliegt der legale deutsche Glücksspielmarkt so restriktiven Beschränkungen, dass er für Spieler oft nicht interessant ist. Dies führt zu Steuerausfällen in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro und gefährdet den Spielerschutz. – offizielles Statement des DSWV, Quelle: DSWV
Die Theorie, dass zu strenge Regeln den illegalen Glücksspielmarkt fördern könnten, ist bereits in der Politik diskutiert worden. Auch die Frage, ob der Glücksspielstaatsvertrag den Spielerschutz verbessere, treffe auf kontroverse Meinungen.
Dunkelziffer bei illegalem Angebot
Es scheint zudem denkbar zu sein, dass es im illegalen Segment noch eine Dunkelziffer gebe. Während die legalen Glücksspielangebote unter ständiger Überwachung der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL) stehen, sind die Anzahl der illegalen Anbieter und das Geschehen auf deren Plattformen mit Sicherheit schwieriger zu erfassen. Ähnliches gilt auch für den internationalen Bereich.
Aus diesem Grund sei auch ein Werbeverbot für legale Glücksspielanbieter in Italien durch die European Gaming and Betting Association (EGBA) kritisiert worden. Dies könne den Schwarzmarkt aufgrund mangelnder Transparenz indirekt begünstigen.
Welche Maßnahmen lassen sich aus den Studienergebnissen ableiten?
Die Forscher haben zahlreiche Maßnahmen vorgeschlagen, die vom DOCV und DSWV mitgetragen werden, um den aktuellen Entwicklungen auf dem Schwarzmarkt entgegenzuwirken:
- Schnellere Prozesse zur Genehmigung von Glücksspielen durch die deutsche Glücksspielbehörde zur Unterbindung von Schwarzmarktangeboten
- Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des legalen Marktes durch höhere Spieleinsatzgrenzen für Slots und ein umfangreicheres Wettangebot bei Sportwetten
- Konsequentere Durchsetzung des Werbeverbots für illegale Anbieter und der Erhalt der Werbemöglichkeiten für legale Glücksspiele
- Intensivere Zusammenarbeit zwischen Anbietern, der Glücksspielbehörde, der Politik und sonstigen Interessengruppen
- Regelmäßige Evaluierung, ob die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags tatsächlich zur Zielerreichung beitragen oder sogar kontraproduktiv seien
- Steueranpassungen für Online-Glücksspielangebote im Rennwett- und Lotteriegesetz, um die Marktsituation gegenüber illegalen Anbietern nicht zu schwächen
Konkrete Maßnahmen scheinen nötig zu sein
Letztlich seien die Forscher zu der Erkenntnis gekommen, dass der im Juli 2021 in Kraft getretene Glücksspielstaatsvertrag die Kanalisierungsrate des legalen Marktes nicht habe erhöhen können. Neben Risiken für die Spieler, die bei unregulierten Anbietern um echtes Geld spielen, seien auch Steuerausfälle für Bund und Länder zu beklagen.
Die Verbände haben mit ihrem Maßnahmenkatalog eine mögliche Grundlage geschaffen, um den Entwicklungen zu begegnen. Allerdings sind diese noch sehr allgemein formuliert und es bedarf vermutlich einer Konkretisierung, um Änderungen zu ermöglichen. Es wird sich zeigen, wie schnell die Akteure in die Umsetzung kommen und wann sich Resultate zeigen.