Doppelmoral im englischen Fußball: Haben Club-Besitzer einen geheimen Deal über Sportwetten mit der FA vereinbart?
Die britische Zeitung The Guardian berichtet, dass Besitzer von britischen Fußballvereinen einen Deal mit der Football Association (FA) ausgemacht hätten. Dadurch soll es ihnen erlaubt sein, Sportwetten auf Fußballspiele zu platzieren, obwohl dies für alle Beteiligten streng untersagt ist. Die Enthüllungen sollen heftige Diskussionen über die Integrität der FA entfacht haben.
Geheimer Deal mit superreichen Club-Besitzern?
Die FA sieht sich mit Vorwürfen der Doppelmoral konfrontiert. Ermittlungen des The Guardian [Link auf Englisch] sollen ergeben haben, dass die FA einen geheimen Deal mit einigen Club-Besitzern britischer Fußballvereine habe. Dieser soll es ihnen erlauben, an Fußball-Sportwetten teilzunehmen, was eigentlich verboten sein soll.
Laut dem Bericht soll ein solcher Deal unter anderem mit Matthew Benham, 55, dem Besitzer des Erstligavereins Brentford FC, geschlossen worden sein. Benham sei nur einer von mehreren Multimillionären, die einen solchen zwielichtigen Deal eingegangen seien, der ihnen die Teilnahme an Fußball-Sportwetten erlaube.
“Matthew Benham unterliegt, wie andere Club-Besitzer, die ein finanzielles Interesse an einem Wettunternehmen haben, einer FA-Richtlinie, die bei Einhaltung sicherstellt, dass ihre Wettunternehmen weiterhin auf Fußball wetten dürfen.”– , Sprecher von Matthew Benham, The Guardian
Angeblich habe The Guardian Beweise dafür gesehen, dass Benham unter seinem eigenen Namen Gewinne mit Sportwetten auf Fußballspiele erzielt habe. Er habe dafür über das Glücksspiel-Syndikat MSPP Admin gewettet, das angeblich sogar ihm selbst gehören soll. Ob er dabei auch auf Spiele seines eigenen Vereins oder der Premier League gewettet habe, sei derzeit nicht bekannt.
Besonders brisant ist, dass ein Spieler des Brentford FC derzeit wegen der Teilnahme an Sportwetten gesperrt ist. Ivan Toney, 27, hat eine 6-monatige Sperre erhalten, weil er gegen die Glücksspiel- und Wettregeln der FA verstoßen haben soll.
Regeln der NFL als Vorbild?
Im englischen Fußball sollen Stimmen lauter werden, dass die Glücksspiel- und Sportwetten-Regeln überarbeitet werden müssten. Geheime Deals, unklare Sperren und Strafen sollen für Ärger sorgen. Könnten die neuen Regeln der National Football League (NFL) ein gutes Vorbild sein?
Zum Start der aktuellen Saison sollen diese komplett überarbeitet worden sein. Spieler, die auf eine Partie außerhalb der NFL wetten, sollen nun eine kürzere Sperre von zwei Spielen erhalten. Gleichzeitig soll die Strafe für Wetten auf NFL-Spiele erhöht worden sein. Spieler sollen für dieses Vergehen eine Mindestsperre von einem Jahr erhalten. Wer auf sein eigenes Team wette, erhalte eine Sperre von mindestens zwei Jahren.
Auch Wetten, die durch Dritte abgegeben werden, seien verboten. Die Redakteure von The Guardian loben die neuen Regeln der NFL für ihre Transparenz. Der aktuelle Sportwetten-Skandal in Italien, bei dem Nicolò Fagioli eine 12-monatige Sperre erhalten hat, ist nur ein Beispiel dafür, dass Sportwetten im europäischen Fußball ein großes Thema sind und neue Regeln ein wichtiges Signal an alle Beteiligten wären.
FA gibt keine Details zu Deals mit Club-Besitzern bekannt
Die Enthüllungen von The Guardian sollen Konsequenzen für die FA haben: Es werde gefordert, dass die Konditionen der Deals mit den Club-Besitzern bekannt gegeben werden sollten. Angeblich bestünden diese Vereinbarungen seit mehr als einem Jahrzehnt, unter anderem auch mit Tony Bloom, 53, dem Fußballfunktionär von Brighton & Hove Albion.
Die FA soll sich bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert haben und auch keine Einzelheiten zu den Deals bekannt gegeben haben. Im Jahr 2014 hat die FA die Regeln bezüglich Glücksspiel und Sportwetten verschärft. Demnach ist die Beteiligung an Fußballwetten für alle Personen untersagt, die direkt mit den Spielen zu tun haben.
Dass mehrere Fußballspieler in den letzten Jahren wegen der Teilnahme an Fußball-Sportwetten gesperrt wurden, es nun aber Sonderregeln für Club-Besitzer geben soll, soll im englischen Fußball für große Unruhe sorgen. So soll sich beispielsweise der Sport-Anwalt Nick de Marco, der den inzwischen gesperrten Ivan Toney vertreten hatte, geäußert haben und von mangelnder Transparenz und Integrität sprechen.
“Seit einigen Jahren wird berichtet, dass die FA eine „unveröffentlichte Richtlinie“ hat, die bestimmte Personen von den Wettregeln ausnimmt. Ich glaube, es ist schwer zu rechtfertigen, eine solche Richtlinie geheim zu halten, vorausgesetzt, sie existiert, wenn die FA im Namen der „Integrität“ regelmäßig Spieler und andere im Fußball für Wetten anklagt und sperrt. Transparenz und Integrität legen nahe, dass eine solche Richtlinie veröffentlicht werden sollte.”– Nick de Marco, Sport-Anwalt, The Guardian
Es bleibt abzuwarten, ob sich die FA zu dem Fall äußert wird und ob weitere Details zu den geheimen Deals ans Licht kommen werden.