Casino-Boom in Liechtenstein bleibt aus: Immer mehr Spielbanken im „Las Vegas von Europa“ müssen schließen
Einige Jahre lang sah es so aus, als würde das kleine Fürstentum Liechtenstein zum „Las Vegas von Europa“ werden. Inzwischen zeigt sich, dass der gewünschte Casino-Boom ausbleibt und immer mehr Spielbanken schließen müssen. Grund dafür sind nicht nur ausbleibende Gäste, sondern auch strengere Regularien der Liechtensteiner Regierung.
Drei Casinos in kurzer Zeit geschlossen
Aus einem Bericht der Neuen Zürcher Zeitung geht hervor, dass mehrere Casinos in Liechtenstein kürzlich schließen mussten. Dazu zähle die Spielbank Plaza Casino in Schaan, die erst Ende 2022 eröffnet worden sei und inzwischen permanent geschlossen sein soll. Die Schließung sei überraschend und ohne Ankündigung erfolgt.
Ähnlich soll es dem Casino 96 in Balzers ergangen sein. Auch diese Spielbank soll im Sommer 2022 nach nur zwei Jahren im Betrieb endgültig geschlossen haben.
Zu Hochzeiten befanden sich in Liechtenstein insgesamt neun Casinos. Nach den Schließungen sind aktuell lediglich sechs Spielbanken verblieben. Mit einer Einwohnerzahl von knapp 40.000 Einwohnern ist die Casino-Dichte in dem kleinen Fürstentum damit immer noch höher als in Monaco, Macau oder Las Vegas.
Regierung kommt Volksabstimmung mit neuen Regularien zuvor
Die Bürgerinnen und Bürger Liechtensteins sollen dem Bau der zahlreichen Casinos mit gemischten Gefühlen begegnet sein. Kritiker hätten die Interessengemeinschaft Stopp dem Casinowildwuchs ins Leben gerufen.
Die Interessengemeinschaft habe Anfang 2023 eine Volksabstimmung initiiert, bei der über ein generelles Verbot von Casinos in Liechtenstein abgestimmt worden sei. Die Regierung soll der Volksabstimmung jedoch zuvorgekommen sein und habe noch vor der Abstimmung strengere Regulierungen und einen besseren Spielerschutz eingeführt.
Bürgerinnen und Bürger hätten den Anschein gehabt, dass die Proteste und Debatten den Anstoß für die neuen Regularien gegeben hätten. Diese sollen unter anderem die Bewilligung neuer Spielbanken bis zum Jahr 2028 untersagen. Außerdem sei die Geldspielabgabe erhöht worden. Bei der Volksabstimmung entschieden die Wählerinnen und Wähler sich anschließend gegen ein generelles Casinoverbot.
Casinoverbot durch die Hintertür?
Branchenvertreter kritisieren die neu eingeführten Regularien der Liechtensteiner Regierung scharf. So auch Philipp Nossek, der Vizepräsident des Casino-Verbandes Liechtenstein:
Man könne den Eindruck gewinnen, mit den Verschärfungen solle ein Kasinoverbot durch die Hintertür eingeführt werden.– Philipp Nossek, Vizepräsident des Casino-Verbandes, Liechtenstein, Neue Zürcher Zeitung
Markus Kaufmann, der Präsident des Casino-Verbandes, hebt außerdem hervor, dass es in Liechtenstein inzwischen strengere Regularien gebe als in der Schweiz. Gleichzeitig sei er aber auch der Meinung, dass die Maßnahmen der Regierung eine Marktregulierung eingeleitet hätten. Der Casino-Verband gehe seit Jahren davon aus, dass das Fürstentum Liechtenstein lediglich drei bis vier Casinos benötige – mehr gebe der Markt nicht her.
Die Liechtensteiner Regierung soll mit den Maßnahmen das Ziel verfolgen, die Attraktivität der Spielbanken zu senken. Dadurch soll sich auch die Dichte reduzieren. Ein generelles Verbot, wie von der Interessengemeinschaft gefordert, sei jedoch nicht geplant. Diese Entscheidung könnte wirtschaftliche Gründe haben.
Die Geldspielabgaben der Liechtensteiner Casinos sollen jedes Jahr hohe Summen in die Staats- und Gemeindekassen spülen. Von 2017 bis 2023 seien 117 Millionen Franken (ca. 120 Millionen Euro) an die Gemeinden und den Staat geflossen sein. Die Spielbanken würden zudem 500 Menschen beschäftigen und verschiedene gemeinnützige Projekte fördern.
Marktöffnung im Jahr 2016
In Liechtenstein, einem stark katholischen Fürstentum, galt lange Zeit ein komplettes Casino-Verbot. Erst Ende 2016 wurde dieses Verbot abgeschafft und ein Bewilligungsregime eingeführt. Potenzielle Casino-Betreiber müssen seitdem strenge Bewilligungskriterien erfüllen, um eine Spielbank in Liechtenstein eröffnen zu dürfen.
Nachdem der freie Markt geöffnet wurde, öffneten im Jahr 2017 die ersten zwei Casinos in Liechtenstein: Diese befinden sich in Ruggell und in Schaanwald. Innerhalb von nur drei Jahren eröffneten weitere Casinos, sodass es im Jahr 2020 bereits fünf Casinos in dem kleinen Fürstentum gab. In den darauffolgenden Jahren stieg die Anzahl von Casinos auf insgesamt neun an.
Branchenexperten erkannten bereits vor einiger Zeit eine Übersättigung des Marktes. Dies sei der Grund dafür, dass viele Standorte nicht mehr rentabel seien und deshalb schließen würden. Durch das Verbot neuer Konzessionen bis zum Jahr 2028 könnte sich der Markt jetzt von selbst regulieren.
Gesperrte Spieler aus anderen Ländern spielen in Liechtenstein
Der Casino-Verband Liechtenstein soll vor allem auf Gäste aus dem Ausland hoffen. Ein Großteil der Spieler stamme aus der Schweiz und Österreich. Kritiker hoben in der Vergangenheit nicht nur die von Casinos ausgehende Gefahr für Einheimische und Jugendliche hervor, sondern auch für Spielsüchtige aus dem Ausland.
Tatsächlich gibt es in Liechtenstein bislang keinen Austausch der Sperrlisten mit anderen Ländern. Das bedeutet, dass Spieler, die in ihrem Heimatland gesperrt sind, in Liechtenstein trotzdem an Glücksspiel teilnehmen können. Gleiches gilt für gesperrte Spieler aus Liechtenstein, die derzeit im Ausland spielen können.
Die Liechtensteiner Regierung scheint das Problem erkannt zu haben. Im Oktober 2022 habe die Regierung ein Abkommen mit der Schweiz zum Austausch der Sperrlisten beschlossen. Bislang sei dieses jedoch nicht in Kraft getreten, da innerstaatliche Verfahren noch im Gang seien.
Wie geht es in Liechtenstein weiter?
Die Entwicklungen der letzten Jahre zeigen, dass der erhoffte Casino-Boom in Liechtenstein bislang ausgeblieben ist. Drei Spielbanken mussten inzwischen wieder schließen. Die Regierung hat beschlossen, bis zum Jahr 2028 keine neuen Konzessionen für Casinos zu erteilen. Danach werde sie die Situation neu beurteilen.
Derzeit soll sich ein weiteres Casino, das bereits genehmigt wurde, im Bau befinden. Es soll in dem Ort Ruggell in einem Industriegebiet entstehen. Die kleine Stadt mit nicht einmal 2.500 Einwohnern befindet sich direkt an der Grenze zur Schweiz und soll den Spielbanken im Ort monatlich Tausende Besucher verdanken.
Es bleibt abzuwarten, wie sich der Glücksspielmarkt in Liechtenstein in den kommenden Jahren entwickeln wird und ob weitere Spielbanken schließen werden müssen. Das Jahr 2028 dürfte für das Fürstentum besonders interessant werden: Denn dann entscheidet die Regierung nicht nur über die Erteilung neuer Konzessionen, sondern auch über ein Weiterbestehen des Verbots von Online-Glücksspiel.