Italien: Diskussion entfacht über E-Sport-Regulierung
Am zurückliegenden Wochenende wurde in Italien bei einer Razzia der Akzisen-, Staatsmonopol- und Zollverwaltungsbehörde – kurz ADM – unter anderem auch die Gaming-Ausstattung von vier E-Sport-Hallen beschlagnahmt. Nach Angaben der Betreiber habe es keinen Anlass zur überraschenden Durchsuchung und Beschlagnahmung gegeben. Diese Entwicklung hat erstmals eine öffentliche Debatte über die gesetzliche Regulierung, Anerkennung und Ausgestaltung von E-Sports losgetreten. Einigen Abgeordneten geht es nun darum, Klarheit in einer verzwickten Lage zu schaffen, denn zuvor hatte es noch Förderungsbemühungen für den Sport gegeben.
Razzien in E-Sport-Hallen
Eine der betroffenen Einrichtungen befindet sich im italienischen Bergamo, das jüngst eine traurige internationale Berühmtheit als eines der frühen Epizentren der Coronakrise erlangte. Der sogenannte eSport Palace ist eine der beliebtesten Locations für alle Gamer und Gamerinnen sowie am E-Sport Interessierten im Land. Bei der Razzia wurden Gaming-PCs, alle Konsolen und sämtliches Zubehör beschlagnahmt. Die Beamten gingen dabei gründlich vor: selbst die Computer der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wurden mitgenommen.
Geräte angeblich nicht ordnungsgemäß lizensiert
Die Beamten gaben als Gründe für die Beschlagnahmung des Gaming-Equipments an, dass dies nicht über eine ordnungsgemäße Lizensierung verfüge. Im eSport Palace ist das Entsetzen groß, denn wie die Betreiber der anderen drei betroffenen Hallen wurde der Gaming-Standort in Bergamo ebenfalls mit einer Geldstrafe von bis zu 50.000 Euro pro Gerät belegt. Nach Angaben des Inhabers, Alessio Cicolari, gibt es jedoch nicht einmal ein Konzessionsverfahren für Gaming-Ausrüstung.
eSport Palace macht Zwangspause
Der Betrieb in Bergamos beliebter Gaming-Halle steht nun erst einmal still, da die Behörden auch die Ausrüstung der hauseigenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beschlagnahmt haben, wodurch diese nicht arbeitsfähig sind. Auch die drohende Geldstrafe bereitet ihnen große Sorgen. Der eSport Palace plant allerdings, gegen die Razzia vorzugehen und hofft auf einen vernünftigen Dialog mit der ADM, der zur Klärung des Sachverhalts führt. Und natürlich zu einer Rückgabe der dringend benötigten Ausrüstung.
Die Behörden folgen einer Beschwerde
Bei den Gaming-Angeboten des eSport Palace gibt es keine Geldgewinne und daher nach Angaben des Betreibers auch keine Gemeinsamkeiten mit Glücksspiel. Die Computer hätten nicht einmal freien Internetzugriff, sodass auch eine Nutzung anderer, illegaler Glücksspiel-Angebote ausgeschlossen ist. Der Razzia vorausgegangen war eine Beschwerde eines lizensierten Glückspiel-Anbieters, der behauptet habe, dass im eSport Palace nicht registrierte Glücksspielangebote durch die dortigen Gaming-PCs gemacht werden.
Zweifel am Vorgehen der Behörde
Der eSport Palace und die anderen betroffenen Hallen unterhielten Unterstützung von Abgeordneten aus dem Parlament, die ebenso Zweifel am Vorgehen der Behörden äußerten. Finanzuntersekretär Federico Freni sprach sich für eine gesetzliche Regulierung des E-Sports aus, die in seinen Augen auch längst überfällig sei. Weiterer Support kam auch aus anderen Parteien. Italien ist, was die aufstrebende Branche bestimmt, im internationalen Vergleich bereits im Rückstand und muss dringend aktiv werden, das Potenzial im Boom zu fördern.
Dem E-Sport gehört die Zukunft
Der E-Sport, der als Disziplin seine Premiere bei den Olympischen Spielen 2024 feiern wird, hat weltweit wie auch in Europa an Reichweite und Einfluss, gerade auf jüngere Generationen, gewonnen. In Italien sollen nun die Akteure aus der Branche an einen Tisch mit der Politik geholt werden, um endlich die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu erarbeiten. Wenn Italien das Momentum der E-Sports nicht verpassen will, sollten sich die Verantwortlichen beeilen. Ansonsten eilt die internationale Konkurrenz zu weit davon. Beispielsweise gibt es einen regelrechten E-Sports Boom in Österreich und auch immer mehr große Brands steigen in den Bereich ein und gründen ihre eigenen Teams. So konnte man zuletzt die Schlagzeile Gucci steigt bei E-Sports ein lesen.
E-Sport ist kein Glücksspiel
Ein Beginn der gemeinsamen Arbeiten soll auch deshalb schnellstmöglich starten, damit keine weiteren E-Sport-Hallen oder -Einrichtungen von ähnlichen Razzien und Beschlagnahmungen sowie den damit verbundenen Zwangspausen betroffen sein werden. Denn die Sachlage ist eigentlich klar: Der pure E-Sport ist kein Glücksspiel, sondern eine immer seriöser werdende Disziplin, wie auch an der Aufnahme ins olympische Programm klar abzulesen ist. In Italien täte man gut daran, diesen Zeitenwandel zu erkennen und zu unterstützen.
Italiens Glücksspielproblem
Der erste Entwurf für Italiens Anti-Spielsucht-Gesetz wurde im vergangenen April vorgelegt. Es geht darum, pathologisches sowie problematisches Spielverhalten und seine oft fatalen Konsequenzen zu bekämpfen. Denn in Italien gibt es 20 Millionen Menschen, die direkt oder indirekt unter den Folgen leiden. Spielsüchtig sind davon jedoch nur circa 1,5 Millionen Menschen, gefährdet noch einmal nahezu genauso viele. Die anderen Betroffenen stammen aus dem familiären, beruflichen und sozialen Umfeld der unter Spielsucht Leidenden.
Das harte Vorgehen der Behörden
Das harte Vorgehen der italienischen Behörden erklärt sich möglicherweise also auch so, dass es im Sinne des Spieler- und Jugendschutzes gute Intentionen hatte, aber leider die falschen Einrichtungen getroffen hat. Dass die Politik und die Behörden versuchen müssen, Spielsucht und ihre Konsequenzen mit allen Mitteln zu bekämpfen, ist klar; dies sollte dennoch nicht ungeprüft und verurteilend die E-Sport-Hallen treffen, die einen wichtigen Dreh- und Angelpunkt für junge Menschen darstellen.