Labour-Partei gewinnt Wahl in Großbritannien deutlich: Haben die Briten damit die Glücksspielreform abgewählt?
Die britische Bevölkerung hat am gestrigen Tag gewählt. Obwohl das offizielle Auszählungsergebnis noch nicht vorliegt, deutet alles auf einen klaren Sieg der Labour Party um Keir Starmer hin, der neuer britischer Premierminister werden dürfte. Der Machtwechsel könnte auch Auswirkungen auf die Glücksspiel-Branche haben.
Glücksspiel weniger prominent in Wahlprogrammen
Im Zusammenhang mit den Wahlen in Großbritannien schreibt das Fachmagazin iGaming Business, dass die Regulierung des Glücksspiels im Vergleich zu 2019 von einem prominenten Thema zu einer Randnotiz verkommen sei [Artikel auf Englisch].
Im aktuellen Wahlprogramm habe sich die nun aller Voraussicht nach siegreiche Labour-Partei dazu bekannt, glücksspielbedingte Schäden reduzieren zu wollen. Zudem habe sie sich vage dazu geäußert, die Glücksspielregulierung reformieren zu wollen. Ob sie jedoch das von der konservativen Regierung verabschiedete Gambling White Paper als Basis nehmen werde, sei noch nicht klar.
Dan Waugh von der Beratungsfirma Regulus Partners habe jedoch seine Vermutung geäußert, dass die Glücksspielbranche in Großbritannien durch den Sieg der Labour-Partei nicht vor einer 180-Grad-Wende stünde:
Die Konservativen und die Labour-Partei sind ideologisch gesehen nicht meilenweit voneinander entfernt. […] Ich glaube nicht, dass Labour im Moment eine besonders negative Agenda gegenüber der Glücksspielbranche hat. – Dan Waugh, Regulus Partners, Quelle: iGaming Business
Ohnehin seien viele im Gambling White Paper geforderten Maßnahmen entweder bereits umgesetzt oder von der britischen Glücksspielbehörde eigenständig implementierbar, ohne dass eine sekundäre Gesetzgebung seitens der Labour-Partei notwendig wäre.
Tony Blair machte 2005 den Weg fürs Glücksspiel frei
Die Labour-Partei habe in ihrem Wahlprogramm darauf hingewiesen, dass sich die Glücksspiel-Landschaft seit 2005 verändert habe und daher eine Anpassung bestimmter Regelungen notwendig geworden sei [Artikel auf Englisch], wie der The Guardian berichtet.
In dem Artikel wird auch daran erinnert, dass die Regierung um Tony Blair seinerzeit die Weichen für eine liberale Glücksspielpolitik in Großbritannien gestellt habe. Dass Blair selbst ein Labour-Politiker war, zeige, dass die Partei kein grundsätzlicher Gegner des Glücksspiels sei.
Im Gegenteil: Laut Recherchen des The Guardian hätten ehemalige Labour-Politiker inzwischen Jobs bei Glücksspielfirmen angenommen oder seien anderweitig für die Branche tätig. Ebenso gebe es schon seit längerer Zeit Spenden aus der Glücksspielszene an die Labour-Partei.
Verbindungen der Labour-Partei in die Glücksspiel-Branche
Der The Guardian hat gemutmaßt, dass Stephanie Peacock die glücksspielrelevanten Aufgaben in der britischen Regierung zufallen könnten. Peacocks Vorgänger, Michael Dugher, sei inzwischen Vorsitzender der Branchen-Lobbygruppe Betting & Gaming Council (BGC). Die beiden stünden sich nahe, heißt es in dem Bericht.
Auch die Namen von Anna Turley und Tom Watson fielen in diesem Kontext. Beide seien ehemalige Politiker der Labour-Partei gewesen und hätten inzwischen Jobs in der Glücksspiel-Branche.
Besonders in Bezug auf Watson sei dies außergewöhnlich, da er in seiner Zeit als Politiker auf die seiner Meinung nach vorliegenden Missstände in der Branche aufmerksam gemacht habe und dennoch inzwischen als Berater für ein Glücksspielunternehmen arbeite.
Zukunft der Glücksspielregulierung in Großbritannien ungewiss
Erst wenn die Labour-Partei ihre Regierungsarbeit aufnimmt, wird sich zeigen, ob sie einige relevante Fragestellungen zum Glücksspiel anders beantworten könnte als es die Conservative Party getan habe.
Ohnehin ist das Gambling White Paper noch nicht als finale Lösung zu verstehen, sondern werde aktiv und auch unter Einbezug von Branchenvertretern weiterentwickelt. Die Labour-Partei habe ebenfalls bereits angekündigt, sie wolle “mit der Branche daran arbeiten, verantwortungsvolles Glücksspiel zu gewährleisten”.
Während einige Aktivisten darin einen versteckten Hinweis auf den Einfluss der Glücksspiel-Lobby sehen, könnte dies aber auch bedeuten, dass die Labour-Partei keine Gesetzgebung über die Stakeholder der Branche hinweg durchsetzen wolle.