Kritik am Glücksspiel-Survey 2021: Wissenschaftliches Gutachten weist auf methodische Fehler der Studie hin
Der Glücksspiel-Survey 2021 ist eine Studie des ISD Hamburg und der Universität Bremen, die unter anderem versucht, die Anzahl an Menschen mit riskantem Glücksspielverhalten in Deutschland zu erfassen. Ein wissenschaftliches Gutachten zeigt jedoch, dass Kritik an der Datenerhebung und -auswertung geübt werden müsse.
Branchenvertreter geben Gutachten in Auftrag
Sven Buth, Gerhard Meyer und Jens Kalke, die Autoren der Glücksspiel-Studie, hätten in ihren Untersuchungen ermittelt, dass rund 8 % der 18- bis 70-Jährigen in Deutschland entweder spielsüchtig seien oder zumindest ein riskantes Spielverhalten aufweisen würden. Die Tatsache, dass der 2019 von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) geschätzte Wert für Personen aus dieser Gruppe bei nur 0,73 % gelegen habe, sei für die Branche irritierend gewesen.
Wie das Fachmagazin games & business berichtet, sei daher eine unabhängige wissenschaftliche Untersuchung von den Branchenvertretern in Auftrag gegeben worden, um die Aussagekraft des Glücksspiel-Surveys 2021 zu überprüfen.
Als Gutachterin sei Katharina Schüller eingesetzt worden, CEO der Firma STAT-UP Statistical Consulting & Data Science und Vorstandsmitglied der Deutschen Statistischen Gesellschaft. Sie habe in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Ralf Münnich von der Universität Trier eine ganze Reihe methodischer Mängel festgestellt, welche die Datenqualität des Glücksspiel-Surveys 2021 mindern.
Die wissenschaftlichen Kritikpunkte des Glücksspiel-Surveys 2021
Das 140-seitige Gutachten von Schüller und Prof. Dr. Münnich ist frei einsehbar und legt die ihrer Meinung nach bestehenden Mängel des Glücksspiel-Surveys 2021 dar.
Geringe Repräsentativität: Die Befragung per Internet und Telefon sei auch aufgrund der hohen Quote an Personen, die eine Antwort verweigert haben, als wenig repräsentativ für die Gesamtbevölkerung eingeschätzt worden.
Fehler bei der Datenerhebung und -auswertung: Es seien methodische Fehler bei der Datenerhebung und -auswertung festgestellt worden. Insbesondere die verwendeten Gewichtungsverfahren seien ungeeignet. Zudem seien zufallsbedingte Schwankungen nicht ausreichend kommuniziert worden.
Mangelnde wissenschaftliche Transparenz: Der Glücksspiel-Survey 2021 sei nicht transparent in Bezug auf Fragebögen und Auswertungsmethoden gewesen. Auch hätten die Survey-Autoren die Herausgabe von Rohdaten verweigert. Zudem habe es keine Begutachtung durch Kollegen aus der Wissenschaft, z.B. in Form eines Peer-Reviews, gegeben.
Statische Betrachtung: Aufgrund des Designs der Studie sei es nicht möglich, Entwicklungen zu beobachten. Es handele sich nur um ein statisches Bild, was die Veränderungen in der Branche nicht widerspiegele.
Branche wünscht sich eine sachliche Diskussion
Die Initiatoren des Gutachtens zum Glücksspiel-Survey haben erklärt, sie würden sich eine “sachliche Diskussion” wünschen, um die Regulierung des Glücksspiels in Deutschland auf wissenschaftlich fundierter Basis fortzuführen. Auch Mathias Dahms, Präsident des Deutschen Sportwettenverbandes, habe sich bereits im August dafür ausgesprochen, die Studienlage auf dem Gebiet des Glücksspiels zu verbessern. Die Arbeit von Schüller und Prof. Dr. Münnich scheinen die Vertreter der Branche als Fortschritt zu werten:
Katharina Schüller zeigt bessere Wege auf, wie zukünftige Erhebungen zur Glücksspielprävalenz und zu problematischem Glücksspiel methodisch aufgebaut werden sollten. […] Prof. Münnich und sie werden auf Basis dieses Gutachtens demnächst eine wissenschaftliche Arbeit über evidenzbasierte Politik in einer peer-reviewten Publikation veröffentlichen und stehen selbstverständlich für einen öffentlichen wissenschaftlichen Diskurs mit den Autoren des Glücksspiel-Surveys 2021 zur Verfügung. – Statement der Glücksspielverbände, Auftraggeber des Gutachtens, Quelle: games & business
Es wird sich zeigen, ob bald eine neue Datenbasis vorliegen wird, anhand derer das Glücksspielverhalten der deutschen Bevölkerung zuverlässiger eingeschätzt und auch im Zeitverlauf beobachtet werden kann.