EM-Tippspiel auf der Arbeit und mit Freunden – illegales Glücksspiel oder erlaubt?
Eine Tipprunde mit Arbeitskollegen oder Freunden ist schnell eingerichtet und zur EM-Zeit wird jeder plötzlich zu einem Fußball-Fan und -Experten, sodass die Gruppen sich schnell füllen. Doch EM-Tippspiele mit Geldeinsatz könnten in Deutschland als Glücksspiel eingestuft werden. Wie groß ist das Risiko wirklich?
Private Tipprunde vs. öffentliches Glücksspiel
Gemäß § 3 des Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV) liegt ein Glücksspiel vor, wenn “im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird”. In vielen Freundeskreisen, aber auch in Firmen, ist es üblich, dass bei den Tipprunden ein kleiner Geldeinsatz entrichtet wird, sodass ein Gewinnpool entsteht, der an die besten Tipper ausgezahlt wird. Folglich kann angenommen werden, dass dieser Punkt erfüllt ist, denn nur wer Einsatz zahlt, kann am Ende gewinnen.
Kritisch dürfte es werden, wenn eine private Tipprunde nicht privat bleibt, sondern öffentlichen Charakter annimmt. In § 3 GlüStV ist nämlich auch geregelt, dass ein öffentliches (und damit genehmigungspflichtiges) Glücksspiel vorliegt, wenn für einen größeren, nicht geschlossenen Personenkreis die Möglichkeit zur Teilnahme besteht. Sollte ein Unternehmen seine Kunden, Lieferanten und deren Familienangehörige zum Tippspiel einladen, hätte dies vermutlich öffentlichen Charakter.
Laut § 284 StGB, dessen Reform in der deutschen Politik aktuell diskutiert wird, kann die Veranstaltung von öffentlichen Glücksspielen sogar in besonders schwerwiegenden Fällen eine Freiheitsstrafe von bis zu 2 Jahren nach sich ziehen.
Die IHK München warnt davor, dass Unternehmen schnell aus Versehen Glücksspiele veranstalten könnten und manchmal eine Vermischung von Gewinn- und Glücksspielen erfolge. Bevor man eine öffentlichkeitswirksame Aktion plane, sollten sich die Verantwortlichen besser rechtlichen Beistand holen.
Rechtsanwalt gibt Entwarnung bei privaten Tipprunden
Rechtsanwalt Vincent Dittrich gibt jedoch Entwarnung, sofern es sich um eine private Tipprunde handelt. Auf dem Portal anwalt.de schreibt er, dass Tippspiele unter Freunden und Kollegen rechtlich nicht bedenklich seien, sofern es nicht darum ginge, “dass die Organisatoren Geld verdienen”.
Auch wenn mit einem Einsatz gespielt würde, sei anzunehmen, dass der sportliche Ehrgeiz und nicht die Gewinnerzielungsabsicht der Spieler im Vordergrund stünde. Sollte sich der Veranstalter des Glücksspiels – egal, ob dies der Chef oder ein Mitarbeiter sei – nicht an der Tipprunde bereichern wollen (z.B. durch die Einbehaltung einer Gebühr), sei kein Risiko gegeben.
Zwar können auch Spiele in geschlossenen Gesellschaften als Glücksspiel eingestuft werden, z.B. illegale Pokerturniere, doch hierfür müsse die Voraussetzung erfüllt sein, dass diese gewohnheitsmäßig stattfinden und die Gewinnerzielung im Fokus stünde.
Wettschulden aus privaten Tipprunden sind Ehrenschulden
Dittrich habe jedoch unter Bezugnahme auf § 762 BGB daran erinnert, dass etwaige Gewinne aus privaten Tippspielen nicht einklagbar seien. Es gelte also der alte, generationenübergreifende Grundsatz: “Wettschulden sind Ehrenschulden”.
Anders als bei Sportwetten-Anbietern gibt es also keine Spielerschutzmaßnahmen für die Teilnahme an privaten Tipprunden. Schließlich handelt es sich nicht um reguliertes Glücksspiel.