Skandal in Budapest-Casino
Dem „Las Vegas Casino“ in Budapest droht aufgrund der Missachtung der Corona-Regeln ein Rechtsstreit. Die ungarische Opposition erwägt eine gerichtliche Auseinandersetzung mit dem im Budapester Stadtteil Corvin befindlichen Etablissement. Auslöser der drohenden Auseinandersetzung ist ein vor Kurzem veröffentlichtes Video auf der Plattform YouTube, das flächendeckende Corona-Verstöße der Besucher und Angestellten offenlegt. Gleichwohl landbasierte Casinos und Spielhallen trotz des Lockdowns in Ungarn ihrem Geschäfts nachkommen dürfen, gelten bestimmte Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen, die befolgt werden müssen.
Lockdown oder kein Lockdown?
Ungarn befindet sich wie viele andere Länder im Corona-Lockdown, der bis mindestens zum 15. März aufrechterhalten werden soll. Eine potenzielle Verlängerung gilt zum jetzigen Zeitpunkt nicht als unwahrscheinlich. Doch im Gegensatz zu vielen europäischen Ländern ist nicht das gesamte Land von den restriktiven Maßnahmen betroffen. Gleichwohl das öffentliche Leben und viele Wirtschafszweige auf Sparflamme laufen, hat die Regierung der hiesigen Glücksspielbranche eine Sonderstellung vermacht. So dürfen die landesbasierten Casinos und Spielhallen trotz der grassierenden Pandemie geöffnet bleiben. Für die nötige Sicherheit vor Ansteckungen soll das Tragen von Masken und eine zeitliche Sperrstunde ab 19 Uhr sorgen.
Diese Regularien gelten auch für das Budapester „Las Vegas Casino“, das nun durch die Veröffentlichung eines entlarvenden Videos ins Kreuzfeuer der Öffentlichkeit geraten ist. So zeigt das rund 40-sekündige Video, wie sich Menschen ohne nötigen Sicherheitsabstand um die Spieltische im Casino drängen. Viele Besucher tragen dabei keinen Mund-Nasenschutz. Die Mitarbeiter scheint das allerdings nicht wirklich zu interessieren.
Die Thematik hat mittlerweile so große Wellen geschlagen, dass selbst die ungarischen Medien über den Vorfall berichten. Nach Angaben des unabhängigen Nachrichtenportals „Telex“ sollen sich zum Zeitpunkt der Videoaufnahme bis zu 120 Personen in dem rund 150 Quadratmeter großen Spielbereich befunden haben. András Fekete-Györ, Präsident der ungarische Oppositionspartei „Momentum“, sieht in diesem Verhalten einen fahrlässigen Umgang mit der Corona-Pandemie und erwägt nun, rechtliche Schritte gegen das Casino einzuleiten. Die grüne Partei „LMP“ zeigte sich angesichts der gezeigten Bilder ebenfalls entsetzt.
Covid-19 in Ungarn. Die zweite große Corona-Welle hat auch Ungarn kalt erwischt. Über den Jahreswechsel stieg die Zahl an Neuinfektionen explosionsartig in die Höhe, ehe sich im Januar 2021 eine Normalisierung der Situation abzeichnete. Allerdings erwies sich diese Annahme als trügerisch, da seit Februar die Fallzahlen wieder am Klettern sind. Allein in Budapest wurden zwischen dem 18. Februar und 03. März über 10.000 Neuinfektionen registriert.
Sonderstellung dank Vetternwirtschaft?
Das Glücksspiel ist in Ungarn als einzige Branche nicht von den Auswirkungen der Corona-Pandemie betroffen. Ein Umstand, der schon seit einiger Zeit scharf von der breiten Öffentlichkeit kritisiert wird. Bevölkerung, Medien und auch oppositionelle Politiker zeigten sich in jüngerer Vergangenheit erbost über die Handhabung der eigenen Regierung. Wie „Telex“ erfahren haben möchte, kommt die aktuelle Sonderstellung der hiesigen Glücksspielindustrie nicht von ungefähr. So stehe der Verdacht der Vetternwirtschaft im Raum, da zwischen der regierenden Fidesz-Partei von Premierminister Viktor Orbán und den Casinobetreibern des Landes eine freundschaftliche Beziehung vorherrsche. Diese Tatsache sei der einzig Grund, warum die ungarische Glücksspielbranche während des Lockdowns ihre Geschäfte weiterführen dürfen.
Ähnlich sieht das auch András Fekete-Györ. Der Oppositionspolitiker gab nach Anfrage von „Telex“ zu Protokoll, dass die Regierung und Casinobetreiber Geld und Macht über die gesundheitlichen Risiko stellen würden. Die Fidesz-Partei würde mit der Sonderstellung der hiesigen Glücksspielbranche erwirken wollen, befreundete Unternehmer und Personen aus der Wirtschaft noch reicher zu machen. Die pandemischen Auswirkungen würden erst an zweiter Stelle kommen.
Politische Verstrickungen. In Budapest befinden sich insgesamt fünf „Las Vegas Casinos“, die sich ursprünglich im Besitz des ungarischen Regisseurs Andrew G. Vajna befanden. Laut Telex sollen die einzelnen Etablissements nach dem Tod des Orbán-Vertrauten auf den regierungsnahen Milliardär István Garancsi und den Ehemann von Fidesz-Regierungssprecherin Alexandra Szalay-Bobrovniczky, Kristóf Szalay-Bobrovniczky, übertragen worden sein.
Behörden sehen keinen Handlungsbedarf
Die öffentliche Kritik an der Casino-Sonderstellung sei an den zuständigen Behörden immer wieder abgeprallt. Diese haben in der Vergangenheit wiederholt darauf plädiert, dass es keine epidemiologischen Komplikation geben würde, sofern sich die jeweiligen Casinos an vorgegebenen Corona-Maßnahmen hielten. Dadurch sind sowohl der Opposition als auch der breiten Öffentlichkeit die Hände gebunden. Inwiefern das veröffentlichte Videomaterial etwas an diesem Status quo ändern kann, wird abzuwarten sein. Zum aktuellen Zeitpunkt stehen die Statements von allen beteiligten Parteien noch aus.