Steht die World Snooker Tour vor einer Spaltung durch saudi-arabische Investoren?
Seit einigen Wochen halten sich Gerüchte, dass externe Geldgeber aus Saudi-Arabien versuchen, eine Konkurrenztour zur Main Tour der World Snooker Tour (WST) aufzubauen. Dafür sollen angeblich Spieler mit hohen Geldsummen abgeworben werden.
Erste Details sind durchgesickert
Die Gerüchte um eine mögliche Snooker-Konkurrenztour saudi-arabischer Geldgeber nehmen weiter Fahrt auf. In den vergangenen Tagen sind vermeintliche Details an die Presse durchgesickert. Judd Trump, 34, hat sogar bestätigt, dass ihm ein konkretes Angebot gemacht wurde. Droht dem Snooker eine Spaltung?
Angeblich hätten die Investoren aus Saudi-Arabien verschiedene Spieler privat kontaktiert. Diesen sei eine Summe von 350.000 GBP (ca. 406.717 EUR) geboten worden, um zu einer Konkurrenztour zu wechseln.
Die Spieler würden auf dieser saudi-arabischen Tour an acht Events und einem großen Finale teilnehmen. Dafür würde eine Anmeldegebühr in sechsstelliger Höhe fällig. Jetzt haben sich einige Snooker-Profis zu Wort gemeldet und von den Angeboten der saudi-arabischen Geldgeber berichtet.
Judd Trump lehnt Angebot der Konkurrenz ab
Während der Snooker-Weltmeisterschaft 2024 hat Judd Trump in einem Interview erklärt, dass er einige Monate zuvor ein Angebot für eine Konkurrenztour erhalten habe. Trump habe das Angebot abgelehnt:
Ein paar Leute haben versucht, mich zu kontaktieren, aber es hat mich nicht interessiert. Wenn sie versuchen, mich oder meinen Bruder zu kontaktieren, sage ich ihnen einfach, sie sollen uns in Ruhe lassen. Ich bin sehr zufrieden, wo ich bin, und mit den Turnieren, an denen ich teilnehme.– Judd Trump, Snooker-Spieler, Yahoo
Trump hob in diesem Zusammenhang hervor, dass er an Turnieren in traditionsreichen Gebäuden interessiert sei. Für ihn zählten das Spiel und der Kampf. Er wolle Titel gewinnen und sie nicht gegen leichte Gegner geschenkt bekommen. Er fühle sich auf der Main Tour der WST wohl und glaube auch, dass seine Eltern gegenwärtig sehr stolz auf ihn seien.
Shaun Murphy fordert klare Bekenntnisse
Shaun Murphy, 41, der Weltmeister aus dem Jahr 2005, hat sich vor einigen Tagen ebenfalls zu der Diskussion rund um mögliche Geldgeber aus Saudi-Arabien geäußert. Er sei von niemandem kontaktiert worden und habe auch kein Interesse an einer Konkurrenztour.
Murphy habe jedoch wahrgenommen, dass das Thema hinter den Kulissen Gesprächsstoff für die Snooker-Spieler darstelle. Er halte es für eine Schande, dass Spieler darüber nachdenken würden, die Main Tour der WST zu verlassen:
Diese Spieler haben von dem Sport immer wieder genommen und wollen noch mehr nehmen und ich wünsche ihnen viel Glück dabei. Es ist eine Schande, dass sie nicht darüber nachgedacht haben, etwas mehr in eine Tour zu investieren, die ihnen so viel gegeben hat, bevor sie davonlaufen.– Shaun Murphy, Snooker-Spieler, Mirror
Murphy sei der Meinung, dass Spieler, die an einer Konkurrenztour teilnehmen würden, von der WST ausgeschlossen werden sollten. Der Gedanke, dass Spieler hin und her wechseln, gefalle ihm nicht. Er sei außerdem besorgt darüber, ob derversprochene Geldregen anhalten würde.
Wird die Snooker-Weltmeisterschaft nach Saudi-Arabien verlegt?
Im Zuge der Diskussion um mögliche Geldgeber aus Saudi-Arabien rückt auch die Verlegung der Snooker-Weltmeisterschaft in den Vordergrund. Während des Turniers zeigten sich einige Spieler unzufrieden mit dem Crucible Theatre, dem Austragungsort der Cazoo Snooker World Championship.
Der aktuelle Vertrag mit dem Theaterkomplex läuft bis zum Jahr 2027. Bis dahin soll die WM wie gewohnt im traditionellen Crucible in Sheffield stattfinden. Obwohl viele Spieler an dem Veranstaltungsort festhalten möchten, äußerte sich Barry Hearn, 75, der Vorsitzende der WST, kritisch. Seiner Meinung nach könne das Crucible nicht mit anderen Veranstaltungsorten mithalten.
Er bezeichnete Riad, die Hauptstadt Saudi-Arabiens, als eine mögliche Option für einen neuen Austragungsort der Snooker-Weltmeisterschaft. Wenige Tage vor Beginn der Snooker-WM 2024 hatte Ronnie O’Sullivan Saudi-Arabien als einen hervorragenden Veranstaltungsort für die Cazoo Snooker World Championship bezeichnet.
Ronnie O’Sullivan will umsorgt werden
Auch der siebenfache Weltmeister und Snooker-Superstar Ronnie O’Sullivan, 48, hat sich zu den Gerüchten gewohnt offen geäußert. O’Sullivan ist dafür bekannt, großen Wert auf eine angemessene Bezahlung für sein Spiel zu legen.
Ein möglicher Wechsel von The Rocket zu einer Konkurrenztour scheint jedoch unwahrscheinlich: Erst kürzlich hat er einen dreijährigen Vertrag unterzeichnet, der ihn an die WST bindet.
Dennoch hat er sich in den vergangenen Wochen unzufrieden gezeigt und scheint daher offen für Angebote zu sein:
Ich möchte umsorgt werden, möchte verwöhnt werden. Wer mich verwöhnen und betreuen möchte, für den bin ich der richtige Mann. Ich bin hier – bestes Angebot, sprechen Sie mich an.– Ronnie O’Sullivan, Snooker-Spieler, NTV
Er sei nicht zufrieden mit dem Catering im Crucible Theatre bei der Snooker-Weltmeisterschaft. Dort erhielten Spieler lediglich Tee und Lasagne. Das reiche für ihn nicht aus.
Dass O’Sullivan keine Bedenken hat, in Saudi-Arabien zu spielen, hat er bereits während der Snooker Riyadh Season World Masters gezeigt. The Rocket gewann das Turnier und lobte nach dem Turnier, wie gut die Versorgung vor Ort gewesen sei.
Match ready #RiyadhSeason pic.twitter.com/LfFUnsoR2w
— Ronnie O’Sullivan (@ronnieo147) March 5, 2024
WST ist zu Kompromissen bereit
Die WST hat sich ebenfalls zu den Gerüchten geäußert und sich kompromissbereit gezeigt. Das derzeitige Monopol sei nicht gut für den Sport. Deshalb sei es den Spielern erlaubt, in einer Saison insgesamt zwölf Wochen bei anderen Turnieren und Veranstaltern zu spielen.
Die einzige Bedingung sei, dass die Events nicht mit denen der WST kollidieren dürften. Barry Hearn ermahnte die Spieler in diesem Zusammenhang: Sie könnten nicht die Vorteile der WST genießen und bei gleichzeitig stattfindenden Veranstaltungen die Konkurrenz bevorzugen.
Mussten Spieler Verschwiegenheitserklärungen unterschreiben?
In einem Interview [Link auf Englisch] gibt Shaun Murphy eine Erklärung darüber ab, warum bislang nur wenige Details über das Vorgehen der saudi-arabischen Geldgeber durchgesickert seien. Er habe erfahren, dass einige Spieler Verschwiegenheitserklärungen (NDAs) unterzeichnet hätten. Murphy selbst zähle nicht dazu und habe auch nicht vor, eine solche Erklärung zu unterschreiben.
Es bleibt abzuwarten, ob in den kommenden Wochen weitere Details ans Licht kommen werden und ob sich tatsächlich einige Spieler dazu bereit erklären, auf einer saudi-arabischen Konkurrenztour zu spielen.