Steuerbetrug: Selbstanzeigen von Tipico
Der Sportwettanbieter und FC Bayern München-Partner Tipico (Malta) soll mehrere Selbstanzeigen wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung gestellt haben, so berichtet Der Spiegel auf Berufung des Nachrichtenportals Business Insider. Schon 2014 sollen die Selbstanzeigen, die sich auf eine Reihe von Provisionszahlungen an Wettvermittler beziehen, bei deutschen Finanzämtern eingegangen sein. Es geht um eine millionenschwere Summe. Droht Tipico ein Skandal?
Summe von 20,4 Millionen Euro
Tipico, der deutsche Marktführer für Sportwetten, soll laut Medienberichten im Jahr 2014 eine Reihe von Selbstanzeigen wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung erstattet haben. Wie erstmals das Nachrichtenportal Business Insider berichtete, sollen zwischen 2007 und 2012 einige Provisionszahlungen an Wettvermittler am deutschen Fiskus vorbeigeschleust worden sein. Es geht um eine Summe von 20,4 Millionen Euro, transferiert auf kroatische Konten.
Business Insider bezieht sich dabei auf einen internen Untersuchungsbericht aus 2016: Hiernach soll Tipico 2013 Kenntnis darüber erlangt haben, dass kroatische Behörden etwaige Anfragen an die maltesische FIAU (Financial Intelligence Analysis Unit) gestellt hatten, welche für Geldwäsche zuständig ist. Die Behörden hatten mehrere Provisionszahlungen von Malta nach Kroatien aufgrund von steuerrechtlichen Unregelmäßigkeiten unter die Lupe genommen.
Die Wettvermittler, die die Zahlungen erhalten hatten, sollen in Deutschland steuerpflichtig gewesen sein. Dies ergaben Untersuchungen von Juristen und Wirtschaftsprüfern, die Tipico anschließend selbst beauftragt haben soll, um die Transaktionen nachzuvollziehen. Die verdächtigen Zahlungen sollen von einem Tipico-Gründer freigegeben worden sein. Bisher wollte das Unternehmen keinen Kommentar zu den Vorgängen abgeben, so berichtet Der Spiegel.
Das 2004 von den Deutschen Oliver Voigt, Dieter Pawlik und Mladen Pavlovic gegründete Wettunternehmen Tipico ist eines der erfolgreichsten seiner Zunft: Neben Online Sportwetten betreibt Tipico allein in Deutschland und Österreich ein Franchise mit über 1.250 Annahmestellen für Sportwetten. Weltweit sind für den Betreiber über 6.000 Mitarbeiter aus 57 Nationen tätig. Mit einem Marktanteil von über 50 Prozent ist Tipico Marktführer für Sportwetten in Deutschland und der sechstgrößte Wettanbieter der Welt. Enorme Popularität erlangte Tipico vor allem für seine Partnerschaft mit dem deutschen Rekordmeister und 2-fachen Champions League-Sieger FC Bayern München.
Wie Business Insider weiter ausführt, sei der für die Geldtransfers verantwortliche Gesellschafter suspendiert worden und musste das Management verlassen. Folglich habe Tipico alles unternommen, um einer Bestrafung zu entgehen, weshalb insgesamt fünf Selbstanzeigen wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung gestellt wurden. Beim Finanzamt Nürnberg-Nord wurden im Oktober 2014 sogenannte Nacherklärungen eingereicht.
200.000 Euro für Drahtzieher
Bei einer der Nacherklärungen ging es um eine ausgezahlte Sonderprovision in Höhe von knapp 200.000 Euro, die zwischen 2007 und 2012 an einen Wettvermittler überwiesen wurde. Brisant dabei: Bei diesem Wettvermittler handelte es sich um den Drahtzieher eines Wettskandals von 2009. Die inzwischen verurteilte Person stand im Verdacht weltweit 400 Fußballspiele manipuliert zu haben.
Tipico sei die Überweisung, so Business Insider, erst aufgefallen, als die Person (Marijo C.) bereits seine Haftstrafe verbüßte. Das Strafverfahren wurde wegen seiner Inhaftierung zu einem späteren Zeitpunkt eingestellt, wie Medien berichten.
Es kann darüber spekuliert werden, ob es sich bei Marijo C. um Marijo Cvrtak handelt. Dieser war 2009 in einen der größten Wettskandale des europäischen Fußballs verwickelt. Die UEFA setzte den Fall gleich mit dem Wettskandal um Schiedsrichter Robert Hoyzer aus 2005 und dem Bundesliga-Skandal von 1970 wo zahlreiche Spieler, Trainer und Funktionäre an illegalen Manipulationen beteiligt waren. Einige Zeitungen nannten den Skandal von 2009 jedoch den größten der Geschichte. Aufgedeckt wurde er mittels einer Telekommunikationsüberwachung im Umfeld der organisierten Kriminalität. Cvrtak erhielt eine Haftstrafe von fünfeinhalb Jahren.
Tipico global auf Expansionskurs
Tipico gilt weltweit als renommierter Anbieter für Sportwetten und gehörte im Oktober 2020 zu den ersten deutschen Wettlizenznehmern. Die Lizenz erhielt der Anbieter vom Regierungspräsidium Darmstadt (Hessen) im Zuge der Regulation des deutschen Online Glücksspiels. Weitere Unternehmen, die eine Lizenz erhalten hatten waren GVC, Tipwin und Gauselmann.
Vonseiten der Unternehmen wurde die Lizenzvergabe als Durchbruch begrüßt. Es gelten allerdings die strengen Regeln des neuen Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV), welcher die Marktöffnung für Online Casinos, Online Sportwetten und Online Poker ab kommenden Juli vorsieht. Unter anderem gilt ein monatliches Einsatzlimit von 1.000 Euro.
Was Tipico angeht, expandierte der Buchmacher 2020 auch in den USA und leitete erfolgreich sein US-Debüt im Bundesstaat New Jersey ein. Dabei setzte Marktriese auf seine proprietären, softwarebasierten Technologien, die Tipico in den USA schnell zu großem Erfolg verhalfen. Daran beteiligt war auch ein hauseigenes Online Casino. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Berichte von Der Spiegel und Business Insider negativ auf den globalen Werdegang des Unternehmens auswirken werden.