Werbeflut für Glücksspiel in der Premier League: Fußball-Fans sehen bis zu 11.000 Werbebotschaften an einem Spieltag
Einer Studie des Bristol Hub for Gambling Harms Research der Universität von Bristol zufolge seien am Eröffnungswochenende der englischen Premier League rund 11.000 Werbebotschaften für Glücksspiel-Anbieter an die Fans der Fußballvereine kommuniziert worden. Teilweise seien diese auch nicht als Werbung gekennzeichnet gewesen.
Glücksspielwerbung ist in der Premier League allgegenwärtig
In einem Bericht der britischen Zeitung The Guardian werden die Ergebnisse der Studie näher vorgestellt. Laut der Forscher seien die Fans am ersten Spieltag der neuen Saison 2023/24 mit einer “überwältigenden und unausweichlichen” Menge an Glücksspiel-Werbebotschaften konfrontiert worden [Artikel auf Englisch].
Das Forscherteam habe TV-Bilder, Radioübertragungen und das Geschehen auf Social Media analysiert und dabei eine Gesamtzahl von 11.000 Werbeeinblendungen mit Glücksspielbezug errechnet, die sich auf die zehn Spiele beziehen und millionenfach angesehen worden seien.
Dabei hätten die Forscher neben der reinen Menge an Werbung für Casinos und Sportwetten-Anbieter Kritik daran geübt, dass ein Teil der Botschaften ohne den Hinweis ausgespielt worden sei, dass es sich hierbei um Werbung handle. Auch Hinweise auf sicheres Glücksspiel seien nach Meinung der Forscher unzureichend erfolgt. Besonders in Bezug auf die Präsenz von Glücksspielwerbung auf Social Media sei dies auffällig gewesen.
Ein Sprecher des Betting and Gaming Council (BCG), des englischen Branchenverbands der Glücksspielbranche, habe jedoch bekräftigt, dass dessen Mitglieder sich insbesondere in den sozialen Medien bereits freiwillig zusätzlichen Regeln unterworfen hätten:
Unsere Mitglieder haben […] neue Regeln zur Altersbeschränkung für Werbung auf Social-Media-Plattformen eingeführt, wonach Anzeigen erst auf Personen ab 25 Jahren ausgerichtet werden, es sei denn, eine Plattform kann nachweisen, dass ihre Altersbeschränkungssysteme unter 18-Jährigen den Zugriff auf Werbeinhalte für Glücksspiele verbieten können.– Sprecher des Betting and Gaming Council (BCG), Quelle: The Guardian
Auch seitens der Politik scheinen die Glücksspielanbieter in Schutz genommen zu werden: Der Glücksspielminister Stuart Andrew habe beispielsweise kürzlich vor dem Kulturausschuss erklärt, es gebe kaum Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Werbung und glücksspielbedingten Schäden.
Ein Sprecher des Ministeriums für Digitales, Kultur, Medien und Sport in England habe zudem darauf verwiesen, dass die Regeln für Werbung bereits sehr streng seien und die Clubs der Premier League mit der Einstellung der Trikotwerbung auf der Brust weitere Einschränkungen akzeptiert hätten.
Die Studienergebnisse auf einen Blick
Die zentralen Ergebnisse der Studie [Artikel auf Englisch] wurden von den Forschern auf der Website der Universität von Bristol nochmals zusammengefasst:
- insgesamt wurden am Wochenende 10.999 einzelne Werbebotschaften für Glücksspiel auf verschiedenen Medienkanälen identifiziert
- während der sechs Live-Übertragungen wurden 6.966 Werbebotschaften für Glücksspiel gezählt
- 92 % von 391 sogenannter Content-Marketing-Anzeigen (z.B. auf Social Media) waren nicht eindeutig als Werbung zu identifizieren
- insgesamt gab es 1.902 Werbebotschaften für Glücksspiel in sozialen Medien, die insgesamt 34 Millionen Impressionen generierten
- weniger als ein Viertel (20,6 %) der Werbebotschaften enthielten Mitteilungen zur Reduzierung von Glücksspielschäden und nur 18,7 % enthielten Alterswarnungen
Die aktuelle Studie ist nicht die erste Untersuchung dieser Art in England. Ein Team der University of Chester hatte bereits im Juli 2023 postuliert, dass durchschnittlich alle 16 Sekunden das Logo eines Glücksspielunternehmens in einer Live-Übertragung der Premier League zu sehen sei.
Es scheint unwahrscheinlich, dass das anstehende Verbot von Trikotwerbung für Glücksspielanbieter die Anzahl an Werbeeinblendungen bei Premier-League-Matches deutlich reduzieren wird. Die Politik muss entscheiden, ob sie weitere Maßnahmen treffen möchte oder die Glücksspiel-Werbung in der aktuellen Form für akzeptabel hält.