Sportwetten in Österreich: Suchtexperten fordern Einstufung als Glücksspiel in offenem Brief
Zahlreiche Experten für Suchtprävention haben sich am Montag in einem offenen Brief an österreichische Politiker gewandt. Ihre Forderung lautet, dass Sportwetten in Österreich künftig als Glücksspiel eingestuft werden sollten. Neben dem Spielerschutz geht es auch um Steuereinnahmen.
Über 200 Menschen haben unterschrieben
Ein offener Brief mit dem Titel “Sportwetten = Glücksspiel” sei am Montag an alle relevanten Politiker in Bund und Land versendet worden, wie auf orf.at zu lesen ist. Das Dokument, das von über 200 Personen unterzeichnet wurde, kann öffentlich online eingesehen werden.
Darin steht unter anderem, dass Österreich das einzige Land in der EU sei, in dem Sportwetten als Geschicklichkeitsspiel und nicht als Glücksspiel eingestuft seien. Etwaige Gewinne seien aber keine Leistung der Spieler, wie es die Einstufung als Geschicklichkeitsspiel impliziere. Stattdessen falle der Hausvorteil der Buchmacher sogar höher aus als bei anderen Glücksspielen.
Spielsucht unter Sportwettern wird zum Problem
Eine der unterzeichnenden Personen ist Monika Lierzer, Leiterin der Fachstelle Glücksspielsucht Steiermark. Sie weise darauf hin, dass der Anteil der spielsüchtigen Sportwetter an der Gesamtheit der Spielsüchtigen in alarmierendem Ausmaß zunehme:
Vor fünf Jahren waren es ungefähr zehn Prozent, das ist eine rasante Zunahme. In erster Linie betrifft es junge Männer, die einen besonders großen Bezug zum Sport haben. Sie denken, sie haben Expertenwissen, sind damit im Vorteil und können daher leichter gewinnen. Aber das ist leider eine Illusion. – Monika Lierzer, Leiterin der Fachstelle Glücksspielsucht Steiermark, Quelle: ORF (Steiermark)
Im Brief wird neben der Anerkennung von Sportwetten als Glücksspiel auch an die damit einhergehende Einführung von Spielerschutzmechanismen sowie die Regulierung der Werbung erinnert.
Glücksspiel-Regulierung in Österreich könnte umgewälzt werden
Die Forderung nach der Einstufung von Sportwetten als Glücksspiel reiht sich in eine Serie von Vorstößen ein, die das Ziel haben, die österreichische Regulierung des Glücksspiels zu modernisieren. Besonders der hohe Schwarzmarktanteil wird von Kritikern immer wieder angeführt.
Das Glücksspielmonopol des österreichischen Staates, das in Bezug auf den Spielerschutz nicht als optimal gelte, erstreckt sich neben dem stationären Spielbanken-Geschäft auch auf Online-Glücksspiel und Lotterien. Selbst ein großer Teil der aufgestellten Spielautomaten fällt unter die Monopolstellung.
Kritiker bemängeln, dass der Anbieter Casinos Austria über das Hauptunternehmen und Tochtergesellschaften einen Großteil des Marktes kontrolliere, weil es zahlreiche Lizenzen exklusiv erhalten habe. Allerdings seien zahlreiche illegalen Anbieter auf dem Markt aktiv, die sogar Steuern bezahlen und nach eigener Auffassung in einer Grauzone operieren würden..
Derzeit läuft das neue Lizenzierungsverfahren, bei dem sich Casinos Austria wieder auf alle Konzessionen beworben hat. Noch sei aber unklar, ob die Lizenzen nochmals nach dem bekannten Modell vergeben werden. Bisher habe es keine Einigung im österreichischen Parlament gegeben.
Der Staat würde von einer Gesetzesänderung profitieren
Bei Sportwetten in Österreich werde aktuell weder Umsatztsteuer erhoben noch eine Konzessionsabgabe verlangt. Stattdessen gebe es nur eine Wettgebühr in Höhe von 2 % des Einsatzes, die bei Platzierung einer Wette fällig werde.
Hier würden die Unterzeichner des offenen Briefes erhebliches Einnahmepotential sehen. Nach Empfehlung der Experten solle eine Zweckwidmung der Steuereinnahmen für die Sportförderung und Suchtprävention erfolgen.
Es wird spannend sein zu sehen, ob sich die Unterzeichner des offenen Briefes mit ihren Forderungen Gehör bei der Politik verschaffen können und ob die dargelegten Argumente den Ausschlag dazu geben könnten, die seit längerer Zeit geforderte Neuregulierung des Glücksspiels in Österreich entscheidend anzustoßen.