Gefahr der Spielmanipulation: Sportwettenanbieter im Ausland bieten Wetten auf den deutschen Amateurfußball an

Internationale Sportwetten-Fans sollen Woche für Woche die Möglichkeit haben, auf Spiele des deutschen Amateurfußballes zu wetten. In Deutschland sind diese Wetten auf den Amateurfußball jedoch verboten. Eine aktuelle Reportage der ARD enthüllt, wie groß das Problem ist und welche Gefahren für die Integrität des Sportes von den Wetten ausgehen.

Aufnahme einer geschossenen Ecke auf einem Fußball-Platz.

Wie groß ist die Gefahr von Spielmanipulationen durch Sportwetten im deutschen Amateurfußball (Symbolbild)? © SeppH/pixabay.com

Zahlreiche Wetten auf deutschen Amateurfußball im Ausland

Wenn an den Wochenenden die Spiele der vierten und fünften deutschen Fußballliga stattfinden, dann dürfen in Deutschland keine Wetten auf diese Partien platziert werden. Dennoch sollen Sportwetten-Fans im Ausland laut der Reportage Angriff auf den Amateurfußball – Die Gier der Wettindustrie der ARD die Möglichkeit haben, auf genau diese Spiele zu wetten.

Die Wetten würden jenen entsprechen, die auch auf die erste bis dritte Bundesliga abgegeben werden können. Wettende könnten beispielsweise auf das Endergebnis, den Halbzeitstand oder die Torschützen wetten. Dabei handele es sich um Wetten mit Live-Quoten, die an das aktuelle Spielgeschehen angepasst würden.

Laut den Recherchen der ARD seien diese Wetten im Ausland bei Dutzenden Anbietern zu finden. Dabei handele es sich größtenteils um Sportwettenanbieter ohne deutsche Lizenz. Es gebe jedoch auch verschiedene Anbieter mit deutscher Lizenz, die Wetten im Ausland auf den Amateurfußball Deutschlands anböten. Dabei handele es sich beispielsweise um Betano. Der Anbieter war der globale Sponsor der Europameisterschaft 2024.

Datenscouts erfassen das Spielgeschehen in Echtzeit

Die ARD habe im Rahmen ihrer Reportage ermitteln können, wie es den Sportwettenanbietern möglich sein, an die Live-Daten für die Wetten auf den Amateurfußball zu gelangen. Dafür kämen Datenscouts eines Dienstleisters zum Einsatz, die das aktuelle Spielgeschehen erfassen würden.

Angeblich handele es sich dabei um Datenscouts des Schweizer Anbieters Sportradar, der zu einem der größten Sportdatenhändler in Europa zählt. Mit ihren Smartphones erfassen die Scouts das Geschehen auf dem Platz in Echtzeit. Auf dieser Grundlage würden dann die Wetten angepasst.

In der Reportage der ARD heißt es, dass Sportradar in der Saison 2023/2024 mindestens 2.700 Datenscouts zu Amateurspielen in Deutschland geschickt habe.

Kirchheimer Sportclub stellt Datenscout im Stadion

In Deutschland gibt es derzeit mehr als 24.000 Amateurfußballvereine. Einer von ihnen ist der Kirchheimer Sportclub, der in der vergangenen Saison der Bayernliga Sportwetten auf seinen Verein entdeckt habe. Laut Aussage des Clubs habe es an einem Spieltag bei mehr als 40 internationalen Wettanbietern verschiedene Wettangebote auf die Spiele gegeben.

Der Vereinsvorstand zeigt sich empört:

Absurd, dass mit einer Freizeitbeschäftigung ein Geschäft gemacht wird. Dass mit unseren Spielen jemand Geld verdient.Ludwig Boche, Vereinsvorstand, Kirchheimer Sportclub, Sportschau

Es sei ihm ein Dorn im Auge, dass Glücksspiel-Unternehmen Geld mit den Spielen verdienen würden, während den Spielern des Clubs nur eine geringe Aufwandsentschädigung zustände.

Der Vereinsvorstand habe bei einem Spiel einen Datenscout im Publikum entdeckt und ihn zur Rede gestellt. Anschließend hätten die Verantwortlichen Konsequenzen gezogen: Im Stadion des Kirchheimer Sportclubs befänden sich inzwischen Aushänge, die das kommerzielle Datensammeln verbieten sollen.

Werden Spiele im Bremer Amateurfußball manipuliert?

Logo des Vereins BSC Hastedt.

Der BSC Hastedt ist bereits mehrfach ins Zentrum der Ermittlungen wegen Sportwetten geraten (Symbolbild). © Wikipedia

Im Kontext der aktuellen Reportage der ARD könnte auch ein Bericht des Bremer Regionalmagazins buten un binnen von Bedeutung sein. Dieser thematisiert das Thema Sportwetten im Bremer Amateurfußball.

Die Recherchen der Verantwortlichen hätten ergeben, dass Wetten im Bremer Amateurfußball und Spielmanipulationen keine Ausnahme seien.

Ein ehemaliger Spieler der Bremen Liga äußert sich in dem Bericht und gibt an, von zahlreichen Manipulationen zu wissen. Er behauptet, dass die Spieler in der Kabine offen über das Thema reden und auch mit Spielern der gegnerischen Mannschaften darüber sprechen würden.

Die weiteren Recherchen hätten ergeben, dass in der vergangenen Saison Sportwetten auf über 40 % der Spiele der Bremer Liga hätten platziert werden können. Es heißt, in der Bremer Liga habe es im Jahr 2022 insgesamt fünf Spiele gegeben, die unter dem Verdacht der Spielmanipulation stünden.

Insbesondere der BSC Hastedt stehe immer wieder im Fokus der Ermittlungen. Mehmet Kurt, der 2. Vorsitzende des Vereins, erklärt, dass in Dänemark 10.000 Euro auf ein Spiel des Clubs gewettet worden sei. Die Wette sei auf eine Niederlage des BSC Hastedt platziert worden, der die Partie tatsächlich mit 0:2 verloren habe.

Anschließend sei gegen den Verein sowie einige Spiele von der Staatsanwaltschaft ermittelt worden. In einem anderen Fall hätte einem Spieler des BSC Hastedt sogar nachgewiesen werden können, auf eine Niederlage seines Vereins gewettet zu haben. Eine Manipulation konnte jedoch nicht erwiesen werden.

Warum sind Sportwetten auf Amateurfußball in Deutschland verboten?

Die Reportage der ARD hat einen ernsten Hintergrund. Sportwetten auf den Amateurfußball sind in Deutschland verboten, da die Integrität des Sportes darunter leiden könnte. Die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder begründet diesen Schritt darin, dass Spieler mit einer niedrigen Bezahlung anfällig für Manipulationen seien.

Aufnahme eines Torwarts mit einem Fußball.

Die niedrigere Bezahlung im Amateurfußball macht Sportwetten so gefährlich (Symbolbild). © phillipkofler/pixabay.com

In den Amateurligen ist es üblich, dass die Spieler lediglich geringe Aufwandsentschädigungen erhalten. Anders sieht es in den professionellen Ligen aus: Hier sind Sportwetten und sogar Sponsoring durch Sportwettenanbieter erlaubt.

Mit Borussia Dortmund stellte einer der bekanntesten deutschen Fußballvereine erst vor wenigen Tagen den Glücksspielanbieter StarGames als seinen neuen Sponsor vor. Gleichzeitig ist auch bwin Champion Partner von Borussia Dortmund.

Laut der ARD hätten zwei Landes- und Regionalverbände auf ihre Anfrage damit geantwortet, dass es bereits einen Verdachtsfall von Spielmanipulation gegeben habe. Die Bremer Staatsanwaltschaft habe zudem sechs Verdachtsfälle von Spielmanipulation bestätigt. In der Regionalliga Südwest habe es im vergangenen Jahr ebenfalls einen Verdacht auf Spielmanipulation geäußert.

Auch im Jahr 2024 ist das Thema weiterhin präsent. Die International Betting Integrity Association (IBIA) hat für das erste Quartal 2024 bereits 56 Verdachtsfälle bei Sportwetten festgestellt. 24 davon sollen auf den Fußball entfallen.

Sportwetten auf den Amateurfußball: Nicht nur ein Problem in Deutschland

Sportwetten auf den Amateurfußball scheinen nicht nur in Deutschland ein Problem zu sein. Der Deutschlandfunk Kultur hat bereits im Jahr 2022 von einem Fall aus Österreich berichtet.

Der Torwart des Drittliga-Vereins SC Neusiedl hatte beim Stand von 0:2 gegen First Vienna FC eine skurrile Darbietung geboten. Innerhalb von nur drei Minuten verursachte der Keeper zwei Tore gegen seine Mannschaft, die dann mit 0:4 hinten lag.

Im Anschluss wurde gegen den Torwart ermittelt und er musste sich mit 14 weiteren Angeklagten wegen schweren Betrugs vor Gericht äußern. Die Beschuldigten hätten insgesamt 19 Fußballspiele in verschiedenen österreichischen Amateurligen manipuliert. Ein Großteil der Angeklagten soll die Taten vor Gericht gestanden haben.

Ist dem DFB ist das Thema unbekannt?

Gleichzeitig bekundet der DFB, keine Kenntnis von dem Problem zu haben. Ronny Zimmermann, der DFB-Vizepräsident und Verantwortliche für den Amateurfußball, wisse nichts von dem Thema:

Ich tummele mich seit Jahren jedes Wochenende auf Amateurplätzen und habe noch nie davon gehört.Ronny Zimmermann, DFB-Vizepräsident, Sportschau

Es bleibt abzuwarten, ob die Reportage der ARD die Verantwortlichen zum Handeln bewegen wird.

Ähnliche Beiträge