FIFA-Lootboxen kein Glücksspiel? Gericht in Österreich fällt richtungsweisendes Urteil
Das Oberlandesgericht Wien (OLG Wien) hat vor wenigen Tagen ein wegweisendes und überraschendes Urteil gefällt: Es sei zu der Entscheidung gekommen, dass Lootboxen in den FIFA-Spielen des Herstellers EA kein Glücksspiel seien und hat damit ein Urteil aus dem Vorjahr revidiert.
EA spricht von richtungsweisendem Urteil
Der Spieleentwickler Electronic Arts (EA) steht seit Jahren wegen seiner Lootboxen in den FIFA-Spielen in der Kritik. Im vergangenen Jahr entschied ein Gericht in Österreich, dass es sich bei den Lootboxen um Glücksspiel handele.
Am Donnerstag hat EA jedoch bekannt gegeben, dass das Oberlandesgericht Wien diese Entscheidung revidiert habe. Es sei nicht mehr der Auffassung, dass Lootboxen als Glücksspiel zu bezeichnen seien. Die Kläger, Padronus Prozessfinanzierung aus Wien, hätten bereits angekündigt, in Revision gehen zu wollen.
Konkret geht es um die sogenannten Packs in dem Spiel EA Sports 24 FC (besser bekannt unter dem Namen FIFA 24) aus dem Jahr 2023. Spieler können diese kaufen und erhalten darüber verschiedene Fußballspieler mit unterschiedlicher Stärke. Es handelt sich praktisch um Wundertüten, in denen Fußballspieler enthalten sind.
Die Chance, bekannte Spieler, wie Neymar, Messi oder Ronaldo aus den Packs zu erhalten, scheint verschwindend gering zu sein. Viele Spieler berichten, Tausende Euro auszugeben, um die Superstars des Sports aus den Packs zu erhalten.
Im vergangenen Jahr mussten EA und Sony 10.800 EUR an Spieler in Österreich zurückzahlen. Ein Gericht hatte festgestellt, dass die Unternehmen mit den Packs gegen das Glücksspielgesetz verstoßen hätten, da es sich genau genommen um Lootboxen mit Glücksspielcharakter gehandelt habe. Diese Entscheidung wurde durch das jüngste Urteil des OLG Wien revidiert.
Die Begründung für das Urteil ist überraschend. Das Gericht habe festgestellt, dass der Kläger das fragliche Pack nicht gekauft habe, um die Spieler anschließend im Spiel wieder zu verkaufen und dadurch Gewinne zu erzielen. Er habe demnach keinen wirtschaftlichen Vorteil erzielen wollen, sondern die Spieler nur zum Eigengebrauch im Spiel nutzen wollen – und nicht zur Veräußerung.
Er habe das Pack vielmehr gekauft, um im Spiel voranzukommen. Deshalb handele es sich nicht um Glücksspiel.
EA verdient Milliarden mit In-Game-Käufen
Lootboxen sollen für EA weitaus mehr als nur ein Nebenverdienst sein. Das amerikanische Unternehmen soll mehrere Milliarden Dollar im Jahr mit In-Game-Käufen einnehmen. Im Jahr 2021 sollen es 1,5 Milliarden Euro gewesen sein, die EA durch Lootboxen in den FIFA-Spielen eingenommen habe.
Das ist aber nicht alles, denn das Unternehmen bietet weitere Spiele mit Lootboxen an. Dabei handelt es sich beispielsweise um das Football-Spiel Madden NFL. Auch dieses Spiel bietet Spielern die Möglichkeit, Überraschungspakete mit echtem Geld zu kaufen. Insgesamt sollen In-Game-Käufe ein Drittel des Gewinns von EA ausmachen.
Gleichzeitig behaupte das Unternehmen jedoch, dass die meisten Spieler das Angebot der Lootboxen nicht in Kauf nähmen. Vertreter von EA äußerten sich vor einigen Jahren vor einem britischen Parlamentsausschuss dazu, dass sie den Begriff Lootboxen außerdem nicht für zutreffend hielten:
Das ist es, was wir als Überraschungsmechanik betrachten. Es ist wichtig, sich das anzuschauen. Wenn Sie – ich weiß nicht, was Ihre Version von Target ist – in ein Geschäft gehen, das eine Menge Spielzeug verkauft, und nach Überraschungsspielzeug suchen, werden Sie feststellen, dass die Leute das mögen. Sie lieben Überraschungen. Das ist etwas, das seit Jahren Bestandteil von Spielzeug ist, ob es sich nun um Kindereier, Hatchimals oder LOL Surprise! handelt.
Wir denken, dass die Art und Weise, wie wir diese Mechanismen umgesetzt haben – und die FIFA ist natürlich unser großes Projekt, unser FIFA Ultimate Team und unsere Packs – ziemlich ethisch und ziemlich unterhaltsam ist; es macht den Leuten Spaß.– Kerry Hopkins, Senior Vice President, EA, House of Commons
Ende September hat EA die neueste Version ihres beliebten FIFA-Spiels veröffentlicht: EA Sports FC 25. Trotz aller Kritik und laufender Gerichtsverfahren enthält auch dieses Spiel erneut Lootboxen, mit denen Spieler sich ihr digitales Wunschteam zusammenstellen können.
Lootboxen stehen weltweit in der Kritik
Die Diskussion rund um Lootboxen ist nicht nur in Österreich aktuell. In den vergangenen Jahren gab es weltweit die verschiedensten Urteile und Gesetzesgebungen in Bezug auf Lootboxen.
So sind Lootboxen in Belgien bereits seit dem Jahr 2018 verboten. Sie wurden dort als Glücksspiel eingestuft und sind seitdem in Spielen nicht mehr erlaubt. Auch in den Niederlanden wurden Lootboxen im Jahr 2018 verboten: Das oberste Verwaltungsgericht hat das Verbot jedoch aufgehoben. Es sei allerdings eine Gesetzesänderung geplant, die das Verbot in Zukunft durchsetzen soll.
Auch in Spanien läuft seit dem Jahr 2022 ein Gesetzgebungsverfahren, das Lootboxen in Konsequenz verbieten soll. In Australien müssen Spiele, die Lootboxen enthalten, seit September 2024 mit dem Hinweis R18+ gekennzeichnet werden.
In Deutschland sind Lootboxen erlaubt und dürfen legal in Spielen angeboten werden. Es wird bereits seit Jahren darüber diskutiert, dass Lootboxen eine hohe Suchtgefahr bergen und deshalb verboten werden sollten. Bremer Politiker haben anfangs des Jahres einen Antrag formuliert, mit dem ein bundesweites Verbot von Lootboxen erreicht werden soll.
Der Oberste Gerichtshof soll über Lootboxen entscheiden
Das Urteil des OLG Wien soll noch nicht rechtskräftig sein. Der Kläger habe bereits angekündigt, in Revision gehen zu wollen. Der Oberste Gerichtshof müsse nun entscheiden, ob Lootboxen in Österreich als Glücksspiel angesehen werden und wie weiter mit ihnen verfahren werden soll.
Es bleibt abzuwarten, wie der Oberste Gerichtshof den Fall bewerten wird und welches richtungsweisendes Urteil es fällen wird.