Wettskandal im Wahlkampf in Großbritannien: Persönliche und rechtliche Konsequenzen gefordert

Weil mehrere Mitarbeiter der Conservative Party Großbritanniens Politik-Wetten mit Insiderwissen platziert haben sollen, werden nun Stimmen laut, die ein Verbot dieser Aktivitäten fordern. Neben einer Einschränkung für Politiker und an der Politik beteiligten Personen, scheint auch die gesamte Industrie rund um Politik-Wetten auf dem Prüfstand zu stehen.

Aufnahme des britischen Premierministers Rishi Sunak

Nahestehende Personen des britischen Premierministers Rishi Sunak haben umstrittene Wetten platziert. © HM Treasury / Wikimedia

Die Liste der Verdächtigen wird länger

Bereits Anfang des Monats habe die UK Gambling Commission (UKGC), die britische Glücksspielbehörde, alle lizenzierten Buchmacher kontaktiert, um Wetten prüfen zu lassen, bei denen es um den Wahltermin in Großbritannien gegangen sei [Artikel auf Englisch], wie der The Guardian erinnert.

Im Zentrum des Verdachts stünden derzeit folgende Personen:

  • Craig Williams, der parlamentarische Berater des amtierenden Ministerpräsidenten Rishi Sunak
  • Laura Saunders, eine Politikerin der Conservative Party, die in Bristol West kandidiert
  • Tony Lee, der Ehemann von Laura Saunders und Wahlkampfleiter der Partei
  • Nick Mason, der Datenschutzbeauftragte der Partei
  • Ein namentlich nicht genannter Polizist, der zu Sunaks Personenschutz-Team gehöre

Allerdings sei es denkbar, dass noch weitere Personen die Liste ergänzen könnten, da die UKGC derzeit Hunderte von Hintergrund-Checks durchführe, um zu ermitteln, ob es noch weitere verdächtige Wetten rund um die neuesten politischen Entwicklungen gegeben habe.

Politiker und Aktivisten sprechen sich für Verbote aus

Iain Duncan Smith, der ehemalige Vorsitzende der Conservative Party, habe erklärt, dass er es nicht befürworte, wenn Politiker sich an Wetten beteiligen würden:

Ich bin generell dagegen, dass Leute, die mit Politik zu tun haben, auf politische Ereignisse wetten, weil sie zu nah dran sind. […] Das kann man entweder über die [Regeln der] Partei durchsetzen, die erklärt, dass es nicht toleriert wird, oder per Gesetz. Iain Duncan Smith, ehemaliger Vorsitzender der Conservative Party, Quelle: The Guardian

Der ehemalige Verteidigungsminister Tobias Ellwood habe Duncan Smith beigepflichtet und ergänzt, dass für Wettmärkte ähnliche Regeln wie an der Börse gelten müssten. Insider sollten davon ausgeschlossen werden, an bestimmten Arten von Wetten teilzunehmen.

Don Foster von den Liberal Democrats sei sogar einen Schritt weiter gegangen: Er fordere ein grundsätzliches Verbot aller Wetten auf Wahlen. Will Prochaska von der Coalition Against Gambling Ads vertrete einen ähnlichen Standpunkt und halte alle Wetten außer Sport- und Pferdewetten für unangemessen.

Großbritannien ist bekannt für verrückte Wetten

Großbritannien gilt als Mutterland der Buchmacher und ist zudem für seine wettbegeisterte Bevölkerung bekannt, die unter anderem auch gerne auf aktuelle gesellschaftliche und politische Ereignisse setzt.

Ein oft genanntes Beispiel waren Wetten auf die Farbe des Hutes der 2022 verstorbenen Queen Elizabeth II. bei ihrem Besuch der Royal-Ascot-Rennwoche. Sogar die Mitglieder der britischen Krone sollen gelegentlichen Wetten nicht abgeneigt sein.

In Deutschland sind Wetten auf Wahlen verboten. Dies ergibt sich implizit aus dem Glücksspielstaatsvertrag, der nur Wetten auf sportliche Veranstaltungen und Pferdewetten als legal einstuft. Somit sind beispielsweise auch Wetten auf den Eurovision Song Contest (ESC) nicht gestattet.

Glücksspiel-Branche in Großbritannien steht vor Veränderungen

Der britische Wettskandal fällt in eine Zeit, in der das Glücksspiel in Großbritannien allgemein viele Veränderungen erfährt. Das 2023 veröffentlichte Gambling White Paper, das die Grundlage für die Neuregulierung der Branche darstellen soll, wird intensiv diskutiert und weiterentwickelt.

Insbesondere der Spielerschutz scheint im Fokus der Maßnahmen zu stehen. Doch Regelungen, wie Bonitätsprüfungen für Spieler, werden kontrovers aufgefasst. Zudem gibt es Berichte darüber, wonach politische Entscheidungsträger Spenden erhalten hätten, um gegen die Einführung solcher Bonitätsprüfungen zu stimmen.

Wie es mit der Regulierung des Glücksspiels in Großbritannien weitergeht, könnte auch maßgeblich vom Ausgang der Wahl am 04. Juli 2024 abhängen. Sollte die derzeit favorisierte Labour Party die Wahl gewinnen, könnte es spannend werden zu beobachten, wie das Glücksspiel in Zukunft reformiert wird.

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