Landgericht Erfurt legt dem EuGH Fragen vor: Rückt eine Entscheidung zur Erstattung von Glücksspiel-Verlusten näher?

Deutschlandweit laufen diverse Verfahren zur Rückzahlung von Verlusten an Spieler, die diese bei nicht-lizenzierten Online-Glücksspielanbietern erlitten haben. Das Landgericht Erfurt habe sich jedoch Ende Dezember 2024 nicht imstande gesehen, abschließende Entscheidungen zu treffen, wie jetzt bekannt wurde. Daher habe es sich mit mehreren Fragen an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gewandt.

Gebäude des LG Erfurt

Das Landgericht Erfurt hat sich mit zahlreichen glücksspielrechtlichen Fragen an den EuGH gewandt. © TomKidd/Wikipedia

Langer Fragenkatalog für EuGH

Das Landgericht Erfurt habe zwei Fälle mit den Aktenzeichen 8 O 515/24 und 8 O 392/23 dem EuGH zur unionsrechtlichen Klärung vorgelegt.

Im ersten Fall gehe es um die Rückerstattung von Spielereinsätzen bei vermeintlich illegalen Sportwetten, während der zweite Fall ähnlich gelagert sei, sich aber auf Online-Casinospiele beziehe, wie Rechtsanwalt Dr. Ronald Reichert erläutert.

Dies seien laut Dr. Reichert die wesentlichen Fragen, die das Landgericht Erfurt vom EuGH beantwortet haben möchte:

  • Waren nicht lizenzierte Glücksspielangebote in jenem Zeitraum als legal einzustufen, als es noch keine Möglichkeiten gab, eine deutsche Lizenz zu erlangen?
  • Besteht ein Sanktionsverbot für Glücksspielanbieter, falls das Internetverbot für Glücksspiele EU-Vorgaben widerspricht?
  • Ist es Rechtsmissbrauch, wenn Spieler Entschädigung verlangen, obwohl das strafrechtliche Verbot des illegalen Glücksspiels sowohl die Veranstalter als auch die Spieler betreffe?
  • Ist es die Aufgabe der deutschen Gerichte, eine Prüfung der Rechtmäßigkeit von Glücksspielangeboten vorzunehmen oder habe dies durch eine Erlaubnisbehörde zu erfolgen?

Im Zentrum dieser Fragen stehe die Dienstleistungsfreiheit, die sich aus Artikel 56 AEUV ergebe. Glücksspielanbieter mit Firmensitz und Lizenzen aus dem EU-Ausland plädieren oft dafür, dass sie in Deutschland legal tätig sein dürften, auch wenn sie über keine nationale Lizenz verfügen.

Keine klare Linie für deutsche Gerichte

Bisher gibt es noch keine Grundsatzentscheidungen durch den Bundesgerichtshof (BGH), wie einheitlich mit Spielerklagen umgegangen werden soll, die auf die Nichtigkeit der Verträge mit nicht in Deutschland lizenzierten Glücksspielanbietern abzielen.

Das Argument der Kläger: Fehlt die Rechtsgrundlage (d.h. eine Lizenz für Glücksspiele in Deutschland), sind die Verträge zwischen Spieler und Glücksspiel-Unternehmen als gegenstandslos anzusehen. Etwaige Verluste müssten daher den Spielern zurückerstattet werden.

Im vergangenen Jahr hatte der BGH einen Hinweisbeschluss veröffentlicht, der stark zugunsten der Spieler ausgelegt schien. Dieser wurde kontrovers diskutiert und es wurde gemutmaßt, dass dieser eine Klagewelle auslösen könnte.

Allerdings hat der BGH im Fall zwischen dem Sportwetten-Anbieter Tipico und dem Prozessfinanzierer Gamesright den EuGH anrufen müssen und damit erklärt, dass er nicht dazu in der Lage sei, eine Entscheidung hinsichtlich der Rechtslage zu treffen. Bisher steht ein Urteil noch aus.

Werden zahlreiche Verfahren neu aufgerollt?

Sollte sich der EuGH auf die Seite der Anbieter stellen, könnte dies dazu führen, dass in Zukunft deutlich weniger Verfahren zur Rückzahlung von Glücksspiel-Verlusten angestrebt werden. Es scheint auch denkbar, dass bereits geschlossene Verfahren aufgrund der neuen Rechtslage wieder aufgerollt werden könnten.

Allerdings muss hierbei bedacht werden, dass viele Spieler ihre Rückzahlungsansprüche nicht durch Rechtsprechung, sondern durch außergerichtliche Vergleiche erwirken konnten. Ob diese ohne gerichtliche Urteilsverkündung geschlossenen Vereinbarungen ebenfalls noch einmal zur Verhandlung gebracht werden könnten, wird sich zeigen.

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