Tipico-Fall zur Erstattung von Sportwetten-Verlusten landet vor dem EuGH: Hat der Sportwetten-Anbieter Grund zum Jubeln?
Mit Spannung wurde am gestrigen Tag das Urteil vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in der Auseinandersetzung zwischen dem Sportwetten-Anbieter Tipico und einem Spieler, der in der Vergangenheit 3.700 Euro verspielt hatte, erwartet. Doch das Verfahren wurde ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt.
BGH kann (noch) kein Urteil fällen
Die Auseinandersetzung zwischen dem Sportwetten-Anbieter Tipico und einem Spieler, der zwischen 2013 und 2018 rund 3.700 Euro verwettet hat, zieht sich bereits seit längerer Zeit hin und reiht sich in eine Serie von Fällen ein, die niemals bis zur letzten Instanz getrieben, sondern immer vorher durch einen Vergleich entschieden wurden.
Nach einer gescheiterten Klage vor dem Landgericht Ulm, der anschließend eingelegten Revision und einem geplatzten Vergleich zwischen den Kontrahenten, sollte nun am 25.07.2024 endgültig ein Urteil vor dem BGH gesprochen werden.
Doch die endgültige Entscheidung sei erneut vertagt worden, wie der Spiegel berichtet. Grund dafür sei, dass der BGH sich nicht imstande gesehen habe, den Sachverhalt vollständig zu klären.
BGH legt EuGH unionsrechtliche Fragen vor
Bevor die Richter am BGH in Karlsruhe über den Fall abschließend entscheiden könnten, müssten noch unionsrechtliche Fragen vor dem EuGH geklärt werden, wie aus einer offiziellen Pressemitteilung des BGH hervorgeht.
Der BGH habe erklärt, dass er den EuGH in Bezug auf den Wirkungsbereich der sogenannten Dienstleistungsfreiheit innerhalb der EU befragen wolle. Es gehe darum, ob Sportwetten-Anbieter mit Sitz in der EU ihre Leistungen in anderen EU-Ländern hätten anbieten dürfen, obwohl sie keine Lizenz in den jeweiligen Ländern hatten.
Dabei habe der BGH den Sachverhalt betont, dass viele Sportwetten-Anbieter eine Erlaubnis für die Veranstaltung von Sportwetten bereits beantragt hätten. Die Nichterteilung der Glücksspiel-Lizenzen sei unionsrechtswidrig erfolgt und die Schuld liege nicht bei den beantragenden Unternehmen.
EuGH entschied 2016 für Sportwetten-Anbieter
Der BGH habe darauf hingewiesen, dass der EuGH im Jahr 2016 bereits entschieden habe, dass das strafrechtliche Vorgehen gegen nicht in Deutschland lizenzierte Anbieter unrechtmäßig sei, wenn sich diese um eine Lizenzvergabe bemüht hätten.
Seit diesem Urteil berufen sich viele Glücksspiel-Anbieter auf die Dienstleistungsfreiheit innerhalb der EU, auch wenn sie über keine nationale Lizenz verfügen. In Österreich scheinen die internationalen Glücksspiel-Anbieter derart von ihrer Legalität überzeugt zu sein, dass sie sogar Steuern entrichten.
Allerdings handelt es sich im aktuellen Tipico-Fall nicht um eine strafrechtliche Auseinandersetzung, sondern um ein zivilrechtliches Verfahren. Selbst wenn es keine strafrechtlichen Konsequenzen hätte, könnte das Fehlen der Lizenz zur Nichtigkeit der Vertragsbeziehungen mit den Spielern führen. Dies muss der EuGH nun entscheiden.
Tipico zeigt sich siegessicher
Ronald Reichert, der Anwalt von Tipico, habe sich “sehr zuversichtlich” gezeigt, dass der EuGH analog zum Urteil im Jahr 2016 entscheiden werde. Auch Mathias Dahms, Präsident des Deutschen Sportwettenverbandes (DSWV) habe die EuGH-Vorlage durch den BGH begrüßt.
Die Klärung vor dem EuGH sei das angestrebte Ziel von Tipico gewesen, während sich die Gegenseite vermutlich eine Grundsatzentscheidung des BGH erhofft hätte. Der Spieler hat seinen Anspruch inzwischen an die Firma Gamesright abgetreten, die derartige Forderungen unter Umständen massenhaft hätte durchsetzen können, wenn der BGH zu ihren Gunsten entschieden hätte.
Es bleibt also spannend zu sehen, ob es ein Generalurteil in die eine oder andere Richtung geben wird. Denkbar könnte auch sein, dass zivilrechtliche Entscheidungen auf diesem Gebiet auch zukünftig eine Einzelfallbetrachtung notwendig machen werden.