Massive Kritik an Glücksspiel Survey 2023: Branche und Forschung bemängeln die Methodik der Studie
Das Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung (ISD) und die Arbeitseinheit Glücksspielforschung der Universität Bremen haben auf einer Pressekonferenz am 06. März 2024 die Ergebnisse des Glücksspiel Survey 2023 vorgestellt. Trotz vehementer Kritik an der Methodik der vorherigen Studie seien keine Veränderungen des Forschungsdesigns vorgenommen worden.
Forschungsergebnisse deuten auf wenig Veränderungen hin
In der offiziellen Pressemitteilung hätten die Forscher verkündet, dass das Glücksspielverhalten in Deutschland konstant auf etwa demselben Level geblieben sei, wenn man die Werte aus dem Glücksspiel Survey 2021 als Vergleich heranziehe.
Demnach würden 2,4 % der deutschen Bevölkerung im Alter von 18 bis 70 Jahren unter einer Glücksspielstörung leiden, während es in der vorherigen Untersuchung 2,3 % gewesen seien. Zudem habe sich das allgemeine Spielverhalten in Deutschland nicht bedeutend geändert, obwohl es leichte Verschiebungen zwischen den präferierten Spielen gegeben habe.
Starke Kritik aus der Branche
Renommierte Branchenvertreter hätten auf die Pressemitteilung reagiert und ihre Sicht auf die Problematik geschildert, wie das Fachmagazin games & business zusammenfasst.
Georg Stecker, Sprecher des Vorstands der Deutschen Automatenwirtschaft (DAW), habe enttäuscht auf den veröffentlichten Glücksspiel Survey 2023 reagiert:
Leider wurde […] trotz massiver wissenschaftlicher Kritik das Befragungs-Design beibehalten und die begrenzte Aussagekraft der Befragung in der heutigen Ergebnis-Präsentation des aktuellen Surveys nicht kenntlich gemacht. Auch in der Neuauflage des Glücksspiel-Survey 2023 wurden die Fehler, die laut Experten keine Hochrechnung auf die Gesamtbevölkerung zulassen, fortgesetzt. – Georg Stecker, Sprecher des Vorstands der Deutschen Automatenwirtschaft (DAW), Quelle: games & business
Allerdings habe Stecker betont, dass die DAW grundsätzlich die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Daten zum Glücksspiel in Deutschland befürworte. Besonders im Hinblick darauf, dass Ende 2026 eine Evaluierung des Glücksspielstaatsvertrages geplant sei, müsse jedoch die Validität dieser Daten gesichert sein.
Ebenso deutlich habe Mathias Dahms, Präsident des Deutschen Sportwettenverbandes (DSVW), seine Kritik zum Ausdruck gebracht:
Trotz der Kritik am vorherigen Survey 2021 ist es bemerkenswert, dass die Autoren nichts an ihrer Methodik geändert haben. Sie ignorieren weiterhin die Einwände anderer Wissenschaftler und geben nur unzureichende Auskünfte zu den Limitationen ihrer Studie. – Mathias Dahms, Präsident des Deutschen Sportwettenverbandes (DSVW), Quelle: DSVW
Der DSVW habe unter anderem darauf verwiesen, dass bei telefonisch befragten Personen deutlich seltener (0,4 %) eine Glücksspielstörung festgestellt worden sei, als bei Online-Befragungen (6,4 %). Dies lasse Zweifel an der Repräsentativität der Studie aufkommen.
Darüber hinaus habe die Statistikerin Katharina Schüller bereits angemerkt, dass die Methode der Querschnittuntersuchung, die beim Glücksspiel Survey 2021 und 2023 zum Einsatz gekommen sei, nicht für Vergleiche im Zeitvergleich tauge. Dennoch würden die Forscher erheben, dass sie entsprechende Entwicklungen aufzeigen könnten.
Neutralität der Forschenden wird angezweifelt
Die Bundestagsabgeordnete und Suchtexpertin Simone Borchardt (CDU) habe letzten Monat sogar den Verdacht geäußert, dass die Neutralität der Forschenden nicht sichergestellt sei und Vergleiche zu einer Studie aus der Corona-Zeit gezogen.
Ihrer Meinung nach habe es höchstwahrscheinlich Absprachen zwischen dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und den Forschenden gegeben, sodass die Vergabe des Auftrages zweifelhaft erfolgt sei.
Mehr Transparenz und Pluralismus gefordert
Es bleibt abzuwarten, ob sich die Forschenden oder das BMG mit einer Stellungnahme zu Wort melden oder weiter an ihrer Methodik festhalten und die Kritik nicht weiter kommentieren werden.
Die Veröffentlichung der Rohdaten, die neben der Anpassung des Forschungsdesigns von der Branche gefordert wird, könnte ein möglicher Ansatz sein, um die Aussagekraft der Ergebnisse besser einschätzen zu können.
Derzeit sollen sich laut der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL) mehr als zehn deutsche Institute mit der Forschung rund ums Glücksspiel auseinandersetzen. Es scheint also prinzipiell eine breite Basis zu geben, um noch weitere Studienergebnisse zu publizieren und mit dem Glücksspiel Survey 2023 zu vergleichen.