Vor Legalisierung von Sportwetten: Brasilien führt härtere Strafen für Spielmanipulationen ein
Der brasilianische Verfassungs- und Justizausschuss hat einen neuen Gesetzentwurf verabschiedet. Mit diesem treten deutlich höhere Strafen für Spielmanipulationen in Kraft. Bis Ende des Jahres sollen Sportwetten in Brasilien legalisiert werden.
Härtere Strafen für Schiedsrichter, Spieler & Trainer
Wie der brasilianische Verfassungs- und Justizausschuss der Abgeordnetenkammer auf seiner Website mitteilt [Link auf Portugiesisch], habe er höhere Strafen für Spielmanipulationen beschlossen. Personen, die sich der Spielmanipulation strafbar machen, erhalten in Brasilien derzeit eine Gefängnisstrafe von zwei bis sechs Jahren und zudem auch Geldstrafen.
Das neue Gesetz sehe vor, dass die Gefängnisstrafe um ein Drittel oder sogar um die Hälfte erhöht werden könne. Dieser Fall treffe ein, wenn es sich bei der schuldigen Person um einen Schiedsrichter, Spieler, Trainer, Wettenden oder Agenten handele. Auch Manager, Direktoren und Vertreter von Sportvereinen sollen in Zukunft von diesen erhöhten Strafen erhalten nicht ausgeschlossen sein. Der neue Gesetzesentwurf soll zudem härtere Strafen für Menschen vorsehen, die zu Manipulationen auffordern oder Komplizen dafür anheuern. Es soll sich dabei explizit um Menschen handeln, die sich an Schiedsrichter, Sportler, Trainer oder Direktoren wenden, um diese zu Spielmanipulationen zu bewegen. Sie könnten zukünftig ebenfalls Freiheitsstrafen von zwei bis sechs Jahren erhalten.
Das Gesetz wird nur wenige Monate vor der geplanten Legalisierung von Sportwetten in Brasilien eingeführt. Die brasilianische Regierung arbeitet seit einigen Monaten daran, die notwendigen Maßnahmen für die Legalisierung zu treffen und alle Vorbereitungen durchzuführen. Laut derzeitigem Stand wird die Legalisierung zum 1. Januar 2025 in Kraft treten.
Integrität des Sports soll geschützt werden
Der Sportausschuss habe den Gesetzentwurf bereits gebilligt. Im nächsten Schritt muss das Plenum der Abgeordnetenkammer über ihn entscheiden. Anschließend muss er noch vom Senat abgesegnet werden.
Der Gesetzesentwurf wurde maßgeblich durch den Abgeordneten Orlando Silva, 53, erarbeitet. Er halte die Gesetzesänderung für notwendig, um die Integrität des Sports in Brasilien zu schützen:
Spielmanipulationen im Sport sind leider ein altes Problem. Deshalb müssen wir Änderungen vorschlagen, insbesondere strengere Sanktionen als die derzeitigen.– Orlando Silva, brasilianischer Abgeordneter, iGamingBusiness
Spielmanipulationen derzeit auch im deutschen Amateurfußball stark diskutiert
Auch deutsche Sport-Fans kommen derzeit nicht an dem Thema Spielmanipulationen vorbei. In der vergangenen Woche hat eine enthüllende Reportage der ARD für Aufsehen gesorgt. Darin werden Spielmanipulationen im deutschen Amateurfußball thematisiert.
In Deutschland ist es verboten, auf Spiele des Amateurfußballs Wetten abzugeben. Die Spieler erhalten oftmals nur eine geringe Bezahlung und sind deshalb besonders anfällig für mögliche Manipulationen. Dennoch bieten Sportwettenanbieter im Ausland Wetten auf den deutschen Amateurfußball an. Insbesondere im Bremer Fußball gab es in der Vergangenheit immer wieder Untersuchung wegen möglicher Spielmanipulationen und Wettbetruges.
Nachdem die Reportage der ARD in der letzten Woche veröffentlicht worden ist, meldete sich vor wenigen Tagen Ulrich Mäurer, 73, der Bremer Senator für Inneres und Sport, mit einem deutlichen Statement zu Wort. Er sei der Meinung, dass die meisten Spieler und Spielerinnen in Bremen gar nicht wüssten, dass in Asien oder dem Ausland Wetten auf ihre Amateurspiele platziert würden.
Deshalb sei ihnen die Gefahr der Manipulationen nicht bewusst. Mäurer sei der Auffassung, dass die angebotenen Sportwetten einen ehrlichen sportlichen Wettkampf gefährden könnten.
Er nimmt in seiner Pressemeldung auch die Sportwettenanbieter in den Fokus. Er fordere, dass Anbietern ihre deutsche Lizenz entzogen werden müsse, wenn sie im Ausland Wetten auf den deutschen Amateurfußball anböten. Seiner Meinung nach würden die Sportwettenanbieter damit zeigen, dass sie ihre wirtschaftlichen Interessen vor die Integrität des Sports setzen würden. Mäurer wolle sich bei der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder für sein Vorhaben einsetzen.
Wett-Verbot für Menschen mit Einfluss auf den Sport
Zeitgleich soll auch Brasiliens staatliche Lotterie Paraná Maßnahmen ergriffen haben, um Spielmanipulationen zu verhindern. Personen, die Einfluss auf die Ergebnisse von Sportwetten hätten, dürften in Zukunft keinerlei Wetten mehr abgeben.
Die Verordnung verbiete es beispielsweise aktiven Sportlern, an Wettbewerben teilzunehmen, die von Brasiliens nationalem Sportsystem organisiert werden. Davon betroffen sind neben den Sportlern auch Trainer, Schiedsrichter und Mitglieder von Sportverwaltungsräten.
Die staatliche Lotterie orientiere sich mit dieser Entscheidung an Ländern, die bereits einen regulierten Markt haben. Sie folge den besten internationalen Praktiken zur Bekämpfung von Spielmanipulationen.
Wie stark verbreitet sind Spielmanipulationen in Brasilien?
Die geplante Legalisierung von Sportwetten hat in Brasilien für Diskussionen gesorgt. Seit Jahren gibt es immer wieder Verdachtsfälle für Spielmanipulationen. Wie groß das Problem ist, zeigt ein Vorfall aus der brasilianischen ersten Fußballliga, der Série A.
Der Inhaber des Vereins Botafogo FR hat den Spielern der Mannschaft São Paulo Spielmanipulation in ihrer Begegnung mit Palmeiras vorgeworfen. Er behaupte, Beweise dafür zu haben, dass der Schiedsrichter bestochen worden sei.
Dies entfachte einen großen Streit zwischen den Eigentümern. Schlussendlich wurde eine parlamentarische Untersuchungskommission für Sportwetten eingerichtet, um den Vorfall zu klären. Der Fall sei bislang nicht aufgeklärt werden können.
Die International Betting Integrity Association [Link auf Englisch] veröffentlicht einmal im Jahr einen Integritätsbericht. Im Jahr 2023 war Brasilien das Land mit den drittmeisten Verdachtsfällen. Es habe elf verdächtige Sportwetten-Meldungen gegeben, die allesamt auf den Fußball zurückzuführen seien. Nur in der Tschechischen Republik (12) und Großbritannien (17) habe es mehr Verdachtsfälle gegeben.
Es wird sich zeigen, ob die erhöhten Strafen das Problem der Spielmanipulationen im brasilianischen Sport reduzieren werden und ob die Legalisierung von Sportwetten das Thema weiter befeuern wird.