Grundsatzurteil am 9. April 2025: EuGH muss über Dienstleistungsfreiheit im Online-Glücksspiel entscheiden

  • Europäischer Gerichtshof (EuGH) muss über Legalität ausländischer Online Casinos in Deutschland entscheiden
  • Zentrale Fragestellung ist, ob die EU-Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) Anwendung findet
  • Das Urteil wird sich auf historische Klagen gegen Glücksspielanbieter beziehen
Mehrere EU-Flaggen vor einem offiziellen EU-Gebäude

Der EuGH muss am 09. April 2025 ein lange erwartetes Grundsatzurteil zum Online-Glücksspiel treffen (Symbolbild). © Christian Lue/unsplash.com

Dienstleistungsfreiheit steht auf der Kippe

Am 9. April 2025 steht vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) eine entscheidende Verhandlung an, welche die Zukunft des Online-Glücksspiels in Europa maßgeblich beeinflussen könnte. Zentraler Streitpunkt im Fragenkatalog zum Verfahren mit dem Aktenzeichen C-440/23 sei die Frage, ob das generelle Verbot von Online-Casino-Angeboten in Deutschland vor dem 01. Juli 2021 mit der europäischen Dienstleistungsfreiheit gemäß Artikel 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vereinbar gewesen sei.

In Deutschland sei das Anbieten von Online-Glücksspielen ohne entsprechende deutsche Lizenz lange Zeit untersagt gewesen. Viele Anbieter hätten jedoch mit Lizenzen aus anderen EU-Staaten (insbesondere aus Malta) operiert und sich dabei auf die europäische Dienstleistungsfreiheit berufen.

Die Anbieter hätten zudem in der Vergangenheit darauf verwiesen, dass es in Deutschland vor dem Glücksspielstaatsvertrag 2021 keinen geeigneten Rechtsrahmen für Online-Glücksspiele gegeben habe und sie somit keine Möglichkeit zur Beantragung einer nationalen Lizenz gehabt hätten.

Überstimmt der EuGH den BGH?

Der Bundesgerichtshof (BGH) habe bislang die Auffassung vertreten, dass Deutschland nicht verpflichtet sei, Lizenzen anderer Mitgliedstaaten anzuerkennen. Sollte der EuGH das deutsche Verbot von Online Casinos als unvereinbar mit der Dienstleistungsfreiheit einstufen, könnten Spieler, die in der Vergangenheit bei Anbietern mit ausländischer Lizenz Verluste erlitten haben, künftig bessere Chancen auf Rückerstattung ihrer Einsätze haben.

Für die Anbieter von Online-Glücksspielen könnte ein Urteil zugunsten der Dienstleistungsfreiheit bedeuten, dass sie ihre Angebote in Deutschland auch ohne nationale Lizenz legal hätten betreiben dürfen, sofern sie über eine gültige Lizenz eines anderen EU-Mitgliedstaates verfügten. Was dieses Urteil für die Zukunft bedeuten könnte, ist Bestandteil aktueller Diskussionen und ein Grund mehr, warum das Urteil des EuGH mit Spannung erwartet wird.

Urteil zu historischer Gesetzgebung mit Signalwirkung für die Zukunft?

In Deutschland sind auch nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages 2021 nach wie vor viele Online-Glücksspielanbieter mit Lizenzen aus dem Ausland aktiv. Der Anteil des nicht in Deutschland lizenzierten Geschäfts wird auf bis zu 80 % geschätzt. Diese Anbieter berufen sich typischerweise auf die zur Diskussion stehende Dienstleistungsfreiheit und entrichten teilweise sogar Steuern, um die vermeintliche Legalität ihres Handelns zu unterstreichen.

Das bevorstehende EuGH-Urteil bezieht sich zwar auf einen Fall aus der Vergangenheit, könnte aber eine Signalwirkung für die Zukunft haben. Kippt der EuGH die Dienstleistungsfreiheit im Zeitraum vor 2021, dürfte dieses mutmaßliche rechtliche Schlupfloch für Auslandsanbieter endgültig geschlossen sein. Doch erkennt der EuGH die Dienstleistungsfreiheit für Online-Glücksspielangebote für die Vergangenheit an, könnte dies Diskussionen anheizen, ob auch heutzutage noch Glücksspielanbieter mit EU-Lizenzen in Deutschland tätig sein dürfen.

Ungeachtet dessen hat der BGH am 23. Januar 2025 entschieden, dass laufende Verfahren gegen Online-Glücksspielanbieter mit ausländischen EU-Lizenzen nicht bis zur Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-440/23 ausgesetzt werden müssten. Der BGH habe befunden, dass die Rechtslage des Glücksspielstaatsvertrags 2021 maßgeblich sei und eine Aussetzung daher nicht gerechtfertigt wäre.

Steht das Urteil am 09. April 2025 fest?

Nach der mündlichen Verhandlung am 9. April 2025 sei der Fall dennoch nicht abgeschlossen. Zunächst werde sich der Generalanwalt des EuGH äußern. Er lege in seinen Schlussanträgen dar, wie er den Fall rechtlich einschätze. Mit der Veröffentlichung ist in den Wochen nach der Verhandlung zu rechnen.

Das endgültige Urteil des EuGH werde dann erst einige Zeit später folgen. Üblicherweise vergehe zwischen Verhandlung und Entscheidung ein Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten. Mit einer Entscheidung dürfte daher frühestens in der zweiten Hälfte des Jahres 2025 zu rechnen sein.

Das Urteil werde nicht nur für den konkreten Fall von Bedeutung sein. Es stelle auch eine verbindliche Auslegung des EU-Rechts dar, an der sich Gerichte in allen Mitgliedstaaten orientieren müssen. Das verdeutlicht die Tragweite der lange erwarteten Entscheidung.

Ähnliche Beiträge