Ex-Fußballprofi Dean Sturridge spricht offen über seine jahrzehntelange Sportwetten-Sucht
- Dean Sturridge litt 40 Jahre lang an Sportwetten-Sucht
- Gamblers Anonymous half ihm bei der Bewältigung seiner Suchtprobleme
- Heute ist er suchtfrei und als Botschafter im Einsatz gegen Glücksspielsucht tätig

Auch Sportwetten können süchtig machen (Symbolbild). © Baishampayan Ghose/wikipedia
Früherer Torjäger: Heimliche Sportwetten-Sucht
Der frühere Premier-League-Stürmer Dean Sturridge habe laut einem Artikel der BBC [Link auf Englisch] nach über 40 Jahren erstmals öffentlich über seine Sportwetten-Sucht gesprochen.
Die Karriere des heutigen Spielervermittlers habe vielversprechend bei Derby County begonnen. Hinter den Kulissen sei er aber bereits als Kind ins Glücksspiel abgerutscht. Mit nur sieben Jahren habe er erstmals für Verwandte Sportwetten platziert. Mit 13 oder 14 habe er dann selbst Tausende gewonnen und sich der Illusion hingegeben, das System schlagen zu können.
Sein erstes Profi-Gehalt habe er noch am selben Tag beim Buchmacher verspielt. Sturridge habe geschildert, wie er damals täglich an Bargeld gekommen sei: Er habe zuerst sein Limit am Geldautomaten ausgereizt – nur um anschließend Schecks über je 1.000 GBP (rund 1.200 EUR) zu schreiben und das Geld direkt bei der Bank abzuheben.
Über Jahre hinweg habe er heimlich in Umkleidekabinen, auf Massageliegen oder während Verletzungspausen gewettet. Erst 2019, als ihn seine Frau bei einer Pferdewette erwischt habe, habe er sich Hilfe gesucht [Link auf Englisch]. Der Besuch eines Gamblers-Anonymous-Meetings sei dann der Wendepunkt gewesen: Sturridge habe sich in diesem Moment selbst verstanden.
Pferde waren mein Gift. Als ich zum Fußball kam, waren vielleicht noch ein bisschen Golf und Tennis und Windhunde dabei, aber Fußball zum Glück nie.”–Dean Sturridge, ehemaliger englischer Profifußballer, BBC
Zwischen Profi-Alltag und Kontrollverlust
Während seiner 15-jährigen Karriere sei das Glücksspiel eine ständige Versuchung gewesen. Besonders anfällig sei Sturridge in Zeiten von Verletzungen, Unsicherheit oder Langeweile gewesen. Wenn alles gut gelaufen sei, habe er kein Bedürfnis verspürt, zu wetten. Sobald der sportliche Erfolg ausgeblieben sei, sei das Verlangen aber zurückgekehrt.
Obwohl er nie auf Fußballspiele gesetzt habe, sei er teils stundenlang aus dem Trainingsalltag verschwunden, um zu wetten – manchmal noch kurz vor dem Anpfiff aus der Kabinentoilette. Auch sein soziales Umfeld im Fußball habe das Verhalten normalisiert: Pferdewetten und Kartenspiele seien Alltag in den Profikabinen gewesen.

Sturridge hat primär auf Pferderennen gewettet. © Berna/Pexels
Dass seine Sucht ihn mental von Familie und Freunden entfernt habe, sei heute sein größter Schmerz. Er habe Gespräche nicht bewusst geführt, sei emotional nicht anwesend gewesen – selbst beim Zusammensein mit seinen Kindern. Heute sehe er die Sache klarer: Nicht das verlorene Geld sei entscheidend, sondern der Verlust an Zeit und Beziehungen.
Neues Wirken als Stimme der Prävention
Der heute 51-jährige Vater und Großvater habe seinen Weg aus der Abhängigkeit gefunden und sei seit fünfeinhalb Jahren spielfrei. Er engagiere sich nun als Botschafter für die Hilfsorganisation Gordon Moody [Link auf Englisch], die seit den 1970er-Jahren in Großbritannien Hilfe für Problemspieler anbietet. Ziel sei es, mit persönlicher Erfahrung und Offenheit andere Menschen zu motivieren, sich Hilfe zu holen – besonders junge Spieler, die früh mit Geld und Erwartungsdruck konfrontiert seien.
Andere Ex-Profis im Kampf gegen die Spielsucht
Sportwetten und Glücksspiel treten nicht nur in der Premier League immer wieder prominent in Erscheinung. Erst kürzlich gab Ivan Toney nach einer achtmonatigen Sportwetten-Sperre und einer Spielsucht-Behandlung sein Comeback bekannt.
Es gibt aber auch Positivbeispiele. Neben Dean Sturridge haben auch andere Ex-Profis ihre Spielsucht öffentlich gemacht – und engagieren sich heute für Aufklärung und Prävention:
- Peter Shilton (England): Englands Rekordnationalspieler Peter Shilton machte vor Kurzem seine Spielsucht publik und setzt sich heute mit seiner Frau für Prävention und Aufklärung ein.
- Tony Adams: Der Ex-Arsenal-Kapitän gründete die Sporting Chance Clinic, die suchtkranke Sportler unterstützt.
- Scott Davies: Der ehemalige Reading-Torwart arbeitet heute für die EPIC Restart Foundation und hilft gefährdeten Spielern.
- Keith Gillespie: Der ehemalige nordirische Fußballer verlor über 1 Million GBP (rund 1,2 Millionen EUR) – und warnt heute in Vorträgen vor den Folgen der Spielsucht.
- David Bentley (England/Russland): Der einst als neuer Beckham gehandelte Spieler verlor sich in Wetten und Alkohol – inzwischen hat er sich aus dem Profifußball zurückgezogen und betreibt ein Restaurant in Spanien.
- Breno (Brasilien/Deutschland): Der ehemalige Bayern-Verteidiger war zwar primär wegen psychischer Probleme in den Schlagzeilen, doch auch Spielsucht sei Teil seines Abstiegs gewesen, wie später berichtet wurde.
Er fordere verpflichtende Präventionsmaßnahmen in Fußballvereinen und kritisiere, dass selbst engagierte Sportpsychologen seiner Zeit nie das Thema Spielsucht angesprochen hätten. Das Fußballumfeld sei auch heute noch von Maskulinismus geprägt, in dem Schwäche als Makel gelte. Heute wolle er zeigen, dass es ein Leben nach der Sucht gäbe – und es sich lohne, dafür zu kämpfen.