Lotterie-Skandal in Schweden: Bereichern sich die Sozialdemokraten über Glücksspiele an alten und kranken Menschen?

Die schwedischen Sozialdemokraten verdienen jährlich umgerechnet viele Millionen Euro mit der hauseigenen Lotterie Kombispel. Das Geschäftsmodell ist nicht unumstritten, aber bisher legal. Recherchen hätten jetzt jedoch ergeben, dass die Partei ein Callcenter damit beauftragt habe, alte und sogar demente Menschen zur Teilnahme am Glücksspiel zu überreden.

Offizielles Pressefoto von Magdalena Andersson

Der Partei von Magdalena Andersson (Sozialdemokraten) werden unlautere Praktiken im Glücksspiel vorgeworfen. © Socialdemokraterna

Dementen Senioren wurden Lose-Abos verkauft

In der taz wird darüber berichtet, dass zahlreiche schwedische Medien den Praktiken von Kombispel auf den Grund gegangen seien. Dabei habe sich herausgestellt, dass Kombispel ein Callcenter in Barcelona zur Akquise neuer Teilnehmer beauftragt habe, deren Mitarbeitern teilweise Verbindungen zur Bandenkriminalität nachgewiesen werden könne. Eine der Personen sei im Laufe des Jahres sogar wegen Beihilfe zu einem Mordversuch verurteilt worden.

Den Angerufenen seien Lose in einer Abo-Variante verkauft worden. Besonders schwer wiege der Vorwurf, dass das Callcenter sehr alte Menschen kontaktiert habe. Laut eurotopics.net hätten die Mitarbeiter des Callcenters nicht einmal davor zurückgeschreckt Lose an demente Personen zu verkaufen.

Parteivorsitzende zeigt sich wütend und ahnungslos

Die Parteivorsitzende der schwedischen Sozialdemokraten, Magdalena Andersson, habe sich bei einer Pressekonferenz zum Skandal um die Lotterie “tief enttäuscht” und “wütend” gezeigt.

Andersson habe bekräftigt, dass ihr das Ausmaß des Skandals erst durch die Medien bekannt geworden sei. Es habe zwar bereits Beschwerden aufgrund der aggressiven Verkaufspraktiken des Callcenters gegeben, doch diese seien nicht bis zu ihr durchgedrungen.

Wird Kombispel bald komplett verboten?

Die Lotterie der Sozialdemokraten scheint anderen Parteien in Schweden schon länger ein Dorn im Auge zu sein, auch wenn das System grundsätzlich allen Parteien offen steht und die schwedische Bevölkerung allgemein Freude am Glücksspiel zu finden scheint.

Tobias Andersson von den rechtsextremen Schwedendemokraten habe das System als “korrupt” bezeichnet und sich polemisch gegenüber den Medien geäußert. Die Regierung um Ulf Kristersson (Moderate Sammlungspartei), habe in diesem Jahr zudem bereits eine Untersuchung eingeleitet, um die Legalität dieser Einnahmequelle zu beleuchten. Dabei sei herausgekommen, dass derartige Lotterien eigentlich verboten werden müssten.

Wie ein solches Verbotsverfahren ablaufen würde, ob sich eine Mehrheit im Parlament finden könnte und wie die Rechtsprechung zu diesem Vorhaben ausfallen würde, kann derzeit nur spekulativ beantwortet werden.

Geschäftsführung wird zum Sündenbock

Die Partei habe nun angeordnet, den Vorstand und die Geschäftsführung von Kombispel zu ersetzen. Außerdem werde der Vertriebskanal über externe Callcenter eingestellt. Andersson sei wichtig, dass die neue Geschäftsführung von “sozialdemokratischen Werten durchdrungen” sei.

Karin Enström (Moderate Sammlungspartei) habe jedoch gefordert, die Sozialdemokraten müssten “dem Problem auf den Grund gehen” statt nur die aktuelle Geschäftsführung als Sündenbock zu präsentieren.

Ob den Sozialdemokraten noch Strafen drohen, die von der schwedischen Glücksspiel-Behörde Spelinspektionen aufgrund mangelnden Spielerschutzes schon verhängt wurden, scheint derzeit noch unklar zu sein.

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