Casino Papers: Sensible Dokumente zeigen, wie Briefkastenfirmen in Curaçao und Malta spielsüchtige Menschen ausbeuten

In einem als Casino Papers bezeichneten Leak sind zehntausende Dokumente an die internationale Presse durchgesickert, die ein Firmengeflecht rund um den iGaming-Software-Anbieter Delasport nachweisen. Demnach betreibe das Unternehmen, das sich selbst als legal tätig klassifiziere, diverse Subunternehmen mit Sitz in Curaçao und Malta.

Mehrere bunte Briefkästen

In einem Leak wurden die Praktiken von Briefkastenfirmen eines Glücksspiel-Netzwerkes enthüllt (Symbolbild). © Prometheus/unsplash.com

Firmennetzwerk rund um Software-Anbieter aufgedeckt

Die niederländische Investigativ-Plattform Follow the Money habe in Zusammenarbeit mit den Journalisten Nikolai Atefie, Benjamin Breitegger und Belle de Jong zahlreiche Dokumente ausgewertet und dabei Erkenntnisse zu einem verzweigten Glücksspiel-Firmengeflecht gewonnen [Seite auf Englisch], in dessen Zentrum der Software-Anbieter Delasport mit seinem israelischen Geschäftsführer Avi Shemesh stehe.

Delasport habe seinen Sitz in der bulgarischen Hauptstadt Sofia und positioniere sich als B2B-Unternehmen, das Lösungen für iGaming-Plattformen anbiete. Tatsächlich betreibe die Firma aber mutmaßlich Hunderte von Glücksspiel-Websites, die drei Briefkastenfirmen mit Sitz in Curaçao und Malta zuzuordnen seien. Die Casino Papers würden belegen, dass Avi Shemesh auch Geschäftsführer dieser Unternehmen sei.

Besondere Aufmerksamkeit erhalte eine der Firmen namens Shark77 Ltd. mit Sitz auf Malta, die unter anderem das Portal 18bet betreibe. Es würden aber noch etliche weitere Websites existieren, die teilweise nahezu identische Klone voneinander seien. Die Journalisten hätten gemutmaßt, dass diese Duplikate angelegt worden seien, um im Falle der Abschaltung einer Website am Markt aktiv bleiben zu können.

Spieler können hohe Beträge ohne Kontrolle verspielen

Die Journalisten vermuten, dass das Unternehmen besonders gut an spielsüchtigen Kunden verdiene und keine ausreichenden Maßnahmen unternehme, um diese sensible Gruppe zu schützen. Mehrere Beispiele würden dies untermauern.

Laut dem österreichischen STANDARD habe ein Spieler in einer Nacht 20.000 Euro verzocken können. Das maltesische Investigativ-Magazin The Shift News will von einem Fall wissen, bei dem ein Deutscher sogar 110.000 Euro verspielt haben soll [Seite auf Englisch].

Es habe auf den von Delasport geführten Plattformen keine ausreichenden Prüfungen gegeben, woher das Geld der Spieler stamme. Dies sei nicht nur in Bezug auf den Spielerschutz relevant, sondern auch, um einer möglichen Geldwäsche entgegenzuwirken.

Einzahlungs- und Einsatzlimits, wie sie in nahezu allen regulierten Märkten vorgeschrieben sind, habe es auf den Glücksspiel-Plattformen ebenfalls nicht gegeben. Delasport beteuere jedoch, dass es seine Compliance-Verpflichtungen “sehr ernst” nehme und dass das Unternehmen “vollständig konform” in den jeweiligen Ländern operiere.

Rechtliche Situation der EU-Lizenzen in Deutschland

Die rechtliche Behandlung von Glücksspiel-Lizenzen aus dem EU-Ausland sorgt bis heute für Diskussionen. Der Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV 2021) schreibt eindeutig vor, dass nur die deutsche Lizenz der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL) einen legalen Rahmen in Deutschland für Slots, Sportwetten und Online Poker biete.

Anbieter mit Sitz im EU-Ausland berufen sich jedoch oft auf die sogenannte Dienstleistungsfreiheit innerhalb der EU und scheinen davon überzeugt zu sein, dass das deutsche Gesetz ihr Angebot unionsrechtswidrig beschneide. Aktuell muss der Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheiden, wie dieser Fall vor der Zeit des GlüStV 2021 zu bewerten ist. Weitere Klagen könnten folgen.

Unternehmen auf Malta werden derzeit von umstrittenen Glücksspielgesetzen geschützt, die eine Strafverfolgung aus dem Ausland nahezu unmöglich machen. Auch hier ist die Führung der EU involviert, um zu überprüfen, ob die schützenden Rahmenbedingungen Bestand haben dürfen. Es wird erwartet, dass der EuGH dies letztlich auch entscheiden muss.

Wie geht es nach dem Leak weiter?

Sowohl die Shark 77 Ltd. mit Sitz in Malta als auch eine der Briefkastenfirmen in Curaçao seien bereits von verschiedenen europäischen Glücksspielbehörden zu Strafzahlungen zwischen 900.000 und 5 Millionen Euro aufgefordert worden. Diese hätten sie jedoch schlichtweg nicht bezahlt.

Ob die Glücksspielbehörden überhaupt sinnvoll gegen die Anbieter vorgehen können, scheint fraglich. Das Firmenkonstrukt rund um Delasport ist mit Sicherheit nicht das einzige dieser Art. Ende November wurde bekannt, dass die Firma SoftSwiss ein ähnliches Netzwerk illegaler Glücksspielseiten betreibe.

Man darf gespannt sein, ob sich die Handhabe der EU-Staaten und ihrer Glücksspielbehörden gegen illegale Glücksspielangebote in Zukunft verbessern könnte. Die Entscheidungen des EuGH dürften weitreichende Konsequenzen haben.

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