Neue Studie belegt: Zahlen zur Spielsucht aus Glücksspiel-Atlas 2023 könnten deutlich zu hoch sein
Der Ende 2023 veröffentlichte und mit Bundesmitteln finanzierte Glücksspiel-Atlas 2023 wurde sowohl von der Branche als auch von der Forschung aufgrund seiner wissenschaftlichen Methodik kritisiert. Eine noch unveröffentlichte Gegenstudie soll insbesondere den sprunghaften Anstieg der Spielsüchtigen widerlegen.
FAZ übt Kritik an Umgang mit Glücksspiel-Atlas
Der im November 2023 veröffentlichte Glücksspiel-Atlas hat unter anderem die drohende Spielsucht als Gefahr des Glücksspiels in Deutschland thematisiert. Laut der Studie würden rund 8 % der deutschen Bevölkerung im Alter zwischen 18 und 70 Jahren Symptome von Glücksspielproblemen zeigen. 2,3 % der Menschen seien von einer Spielsucht betroffen und bei 5,7 % würde es erste Anzeichen dafür geben.
Die Daten dafür stammen aus dem alle zwei Jahre erhobenen Glücksspiel-Survey 2021. Wenige Monate nach Veröffentlichung des Glücksspiel-Atlas 2023 erschien ein neuer Glücksspiel-Survey, der ebenfalls methodisch kritisiert wurde.
Diverse Aussagen aus dem Glücksspiel-Atlas 2023 seien von verschiedenen Medien unkritisch übernommen worden, wie die FAZ in einem aktuellen Artikel beschreibt. Unter anderem hätten die Zeit Online und tagesschau.de die Ergebnisse des Glücksspiel-Atlas in redaktionellen Beiträgen wiedergegeben, ohne die bereits bestehende Kritik an der Studie zu würdigen.
Branchenverband gibt eigene Studie in Auftrag
Als Reaktion auf die Veröffentlichung des Glücksspiel-Survey 2023 habe der Verband der Automatenindustrie (VDAI) beim Marktforschungsunternehmen Forsa eine eigene Erhebung mit dem Namen Glücksspiel-Survey 2024 in Auftrag gegeben.
Bevor die Erhebung der Glücksspiel-Surveys 2021 und 2023 durchgeführt worden sei, habe die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) bis 2019 Daten zur Spielsucht geliefert. Dabei sei eine andere, nach Ansicht des VDAI geeignetere, Methodik zum Einsatz gekommen, die im Rahmen des Glücksspiel-Survey 2024 reproduziert worden sei.
Bisher sei die Studie zwar nicht veröffentlicht worden, doch der FAZ lägen bereits die Daten der Forscher vor. Aus diesen gehe hervor, dass die Zahl der problematischen und pathologisch spielsüchtigen Menschen nah an den 2019 zuletzt von der BZgA erhobenen Daten lägen.
Zusammengenommen mache diese Gruppe nur rund 0,73 % der Gesamtbevölkerung aus, im Gegensatz zu den 8 %, die im Glücksspiel-Atlas 2023 genannt werden. Es gebe keinen signifikanten Trend für eine Zu- oder Abnahme im Zeitraum von 2009 bis 2024.
Negativpreis für mangelhafte Berichterstattung vergeben
Für den Umgang mit den Daten der Studie habe das Leibniz Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) bereits im Oktober 2024 den Negativpreis für die Unstatistik des Monats aufgrund des “unkritischen Umgangs” mit den Daten aus dem Glücksspiel-Atlas vergeben.
Neben den genannten Medien wurde auch die Meldung der Deutsche Presseagentur (dpa) gerügt. Diese hat am 25. Oktober 2024 eine Meldung zum Status der Glücksspielsucht in Deutschland veröffentlicht, die unter anderem von den genannten Medien unkritisch reproduziert wurde.
Neue Forschungsergebnisse werden erwartet
Auf dem 21. Symposium Glücksspiel, das vom 12. bis 13. März 2024 an der Universität Hohenheim stattfand, hat die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL) die Notwendigkeit tieferer Glücksspielforschung betont. Zu diesem Zwecke wurde unter anderem die Deutsche Stiftung Glücksspielforschung ins Leben gerufen, die verschiedene hochdotierte Forschungspreise ausgeschrieben hat.
Darüber, ob sich der VDAI mit seinem inoffiziellen Glücksspiel-Survey 2024 auf einen Forschungspreis beworben hat, kann nur spekuliert werden. Ebenso wenig findet sich ein Hinweis auf die durchgeführte Studie auf der Website des VDAI.
Man darf also gespannt darauf sein, wann der VDAI seinen Glücksspiel-Survey 2024 veröffentlicht und welche weiteren Studien in den nächsten Monaten erscheinen könnten, um den nach wie vor undurchsichtigen Glücksspielmarkt in Deutschland Stück für Stück zu durchleuchten.