Millionenschwerer Steuerbetrug mit Spielautomaten: Informant liefert Ermittlern entscheidende Hinweise

Recherchen des NDR, WDR sowie der SZ zufolge, sollen Betrüger über Jahre hinweg Steuern mit manipulierten Spielautomaten hinterzogen haben. Das System sei nur schwer aufzudecken. Erst durch einen Informanten seien die Ermittler auf eine heiße Spur geraten.

Vier Spielautomaten mit Stühlen davor

Manipulierte Spielautomaten sollen von Betrügern zur millionenschweren Steuerhinterziehung genutzt worden sein (Symbolbild). © Darya Sannikova/pexels.com

Dokumentation gibt Einblicke in kriminelle Machenschaften

In einer heute erschienenen 44-minütigen Dokumentation werden verschiedene Aktivitäten der sogenannten Glücksspiel-Mafia in Deutschland vorgestellt. Dabei handele es sich sowohl um das Geschäft mit manipulierten legalen Automaten als auch mit illegal aufgestellten Geldspielgeräten.

Am Landgericht Bochum werde nun am 9. Oktober ein Prozess gegen vier Personen beginnen, die den deutschen Staat mit einer in der Dokumentation geschilderten Masche um schätzungsweise 40 Millionen Euro betrogen haben sollen, wie aus einem Bericht der Tagesschau hervorgeht

Den Angeklagten werde die bandenmäßige Fälschung technischer Aufzeichnungen an Spielautomaten und die damit einhergehende bandenmäßige Steuerhinterziehung vorgeworfen. Insgesamt betreffe dies über 30 Spielhallen – hauptsächlich in Nordrhein-Westfalen und Berlin.

Informant führt die Ermittler zu den Tätern

Dass die vier Personen überführt werden konnten, sei der Mithilfe eines ehemaligen Geschäftspartners der Angeklagten zu verdanken. Chanan Goslan (48) habe zwischen 2010 und 2013 Geldwäsche in der Glücksspielbranche betrieben, indem er Anteile an zehn Spielhallen für 1,9 Millionen Euro erworben habe.

Allerdings sei der Israeli nach einer Weile skeptisch geworden und habe sich betrogen gefühlt. Daher habe er Beweismittel gesammelt, bis er 2016 zu sieben Jahren Haft wegen systematischen Pflegebetrugs verurteilt wurde.

Noch während des Verbüßens seiner Haftstrafe habe er sich 2020 an die Polizei gewandt, um bei den Ermittlungen gegen seine früheren Geschäftspartner mitzuhelfen. Er habe dies als “Wiedergutmachung” gegenüber dem deutschen Staat bezeichnet.

Tatsächlich scheint die Mithilfe von Goslan dazu geführt haben, dass die Ermittler den Tätern auf die Spur kommen und genügend Beweise vorlegen konnten, um einen Prozesstermin zu erhalten. Ohne die Hinweise von Informanten fehle der Polizei die nötige Manpower, um Ermittlungserfolge zu feiern, wie jüngst der GdP-Bundesvorsitzende Jochen Kopelke bemängelt habe.

Betrugsmasche erklärt: Wie gelang der millionenschwere Steuerbetrug?

Als Bemessungsgrundlage für die Besteuerung von Einnahmen an Spielautomaten habe bis 2021 ein Auslesestreifen gedient, der einfach zu manipulieren gewesen sein soll. Im genannten Fall hätten die Täter einen Weg zur Manipulation gefunden, bei dem die Auslesestreifen nur etwa 50 % der tatsächlich erzielten Umsätze angezeigt hätten. Die gesparten Steuern seien als Schwarzgeld vereinnahmt worden.

Ab 2021 sei ein sogenannter Fiskaldatenspeicher mit digitaler Signatur vorgeschrieben, der die Geräte eigentlich manipulationssicher hätte machen sollen. Allerdings habe unter anderem das Finanzministerium Niedersachsen mitgeteilt, dass auch diese Daten veränderbar seien. Zudem gebe es nur punktuelle Kontrollen.

Die Ermittler befürchten, dass die Dunkelziffer der auf diese Weise entgangenen Steuereinnahmen noch höher als angenommen sein dürfte, da grundsätzlich jedes Gerät vor 2021 einfach zu manipulieren gewesen sei. Auch jetzt seien die Lücken immer noch nicht geschlossen und es komme darauf an, wie intensiv die Behörden kontrollieren könnten.

Experten bemängeln zu wenig Handhabe gegen Glücksspiel-Kriminalität

Auch wenn immer wieder Erfolge im Kampf gegen das illegale Glücksspiel erzielt werden, sei die Gesamtsituation äußerst angespannt. Der Umsatz auf dem illegalen Markt werde inzwischen auf über 3 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt.

Gegenüber der Tagesschau habe Tobias Hayer, Glücksspielforscher von der Uni Bremen, erklärt, dass die zuständigen Aufsichtsbehörden und Polizeidienststellen nicht nur überlastet seien, sondern auch um ihre Sicherheit fürchten müssten, wenn Sie gegen die Verantwortlichen hinter dem kriminellen Glücksspiel ermitteln würden.

Oliver Huth vom Bund Deutscher Kriminalbeamter habe ergänzt, dass sowohl bei manipulierten als auch bei illegalen Spielautomaten koordinierte Einsätze von Polizei, Zoll und Staatsanwaltschaften nötig seien.

Laut Meinung der Experten fehle es vor allem an härteren Sanktionen und fortschrittlichen Ermittlungsmethoden, um dem kriminellen Glücksspiel in einem angemessenen Maße zu begegnen.

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