WestLotto will mit GAMESHIFT NRW auf Gefahren von Glücksspiel in Games hinweisen
WestLotto plant, mit dem neuen Präventionsprojekt GAMESHIFT NRW auf die Gefahren von Glücksspiel in Games aufmerksam zu machen. Speziell junge Menschen seien dafür anfällig.
Umfassende Aktion GAMESHIFT NRW zielt auf Kinder und Eltern ab
Pünktlich zum bundesweiten Aktionstag gegen Glücksspielsucht hat WestLotto mit GAMESHIFT NRW ein neues Präventionsprojekt gestartet, das auf die Risiken von Glücksspielelementen in Online-Spielen abzielt, insbesondere für Kinder und Jugendliche. Das Projekt werde mit rund 6 Millionen Euro über fünf Jahre finanziert und umfasse eine Reihe von Bildungs- und Aufklärungskampagnen, die an Schulen durchgeführt werden sollen.
Bundesweiter Aktionstag gegen Glücksspielsucht am 25. September
Zum diesjährigen Aktionstag gegen Glücksspielsucht lenkt das Sozialministerium Baden-Württemberg die Aufmerksamkeit auf die wachsende Problematik der Glücksspielsucht bei jungen Menschen. Ein besonderes Risiko gehe demnach von Sportwetten aus, die laut der Mitteilung zunehmend von Jugendlichen und jungen Erwachsenen genutzt würden. Das Ministerium fordert präventive Maßnahmen, um Betroffene besser aufzuklären und zu schützen. Spezielle Beratungsangebote und Hilfsprogramme stehen ebenfalls im Fokus, um das gesellschaftliche Bewusstsein für die Gefahren des Glücksspiels zu schärfen.
Ebenso werde eine Plattform mit Informationsmaterialien sowie eine App entwickelt, die durch Serious Games spielerisch auf die Gefahren aufmerksam machen soll. Außerdem sollen Experten an sogenannten Game Days an Schulen aktiv werden, um Jugendliche als Gaming-Paten auszubilden und aufzuklären.
GAMESHIFT NRW packt die Problematik, dass Minderjährige in Online-Games mit glücksspielähnlichen Elementen konfrontiert werden, ganz konkret an. Wo könnte so ein Projekt die Kinder und Jugendlichen sowie ihre Bezugspersonen besser erreichen als an Schulen?”–Andreas Kötter, Geschäftsführer von WestLotto, WestLotto
Ziel der Initiative sei dabei nicht nur die Aufklärung der Kinder, sondern auch der Eltern. Diese sollen laut WestLotto dazu gebracht werden, eine eigene Meinung zum Thema Glücksspiel in Games zu entwickeln. Zu diesem Zweck biete die Lottogesellschaft im Rahmen von GAMESHIFT NRW auch Workshops für Erwachsene an.
Unterstützende Partner von GAMESHIFT NRW
Unterstützt wird GAMESHIFT NRW auch von folgenden Organisationen:
- Education Y: Ein gemeinnütziger Bildungsverein, der Chancengerechtigkeit sowie soziale, emotionale und digitale Kompetenzen fördert.
- Fusion Campus: Ein Kompetenzzentrum in Düsseldorf, spezialisiert auf Games-Entwicklung und Gamification-Maßnahmen.
- Wegesrand: App-Entwickler, die das Serious Game für GAMESHIFT NRW umsetzen und Wissen durch spielerische Ansätze vermitteln.
Mehr als eine Million Kinder in Deutschland mit riskantem Spielverhalten
Mit der Aktion reagiere WestLotto auf eine besorgniserregende Studie der DAK-Versicherung, die herausfand, laut der in Deutschland über eine Million Kinder und Jugendliche von riskantem oder krankhaftem Spielverhalten betroffen seien.
Der Trend hin zu mehr Glücksspielsucht ist auch über Landesgrenzen hinweg beobachtbar. So sollen in Niedersachsen laut Nord24, welches die Niedersächsische Landesstelle für Suchtfragen (NLS) zitiert, mittlerweile 23 Prozent aller Suchtkranken spielsüchtig sein. Dies ist ein starker Anstieg, nachdem die Zahl im Jahr 2019 noch bei 12,2 % gelegen habe. Insgesamt sollen in Niedersachsen knapp 500.000 Menschen an glücksspielsuchtbezogenen Problemen leiden. Auch der Bayerische Automatenverband warnt vor einer Ausbreitung des illegalen Glücksspiels.
Besonders problematisch seien Sportwetten, wie Nord24 weiter berichtet. Deutlich mehr als 20 % aller Glücksspielsüchtigen seien in Niedersachsen dieser Spielvariante verfallen. Betroffen seien primär Menschen mit einem schwachen sozialen Umfeld, oft mit Migrationshintergrund.
Glücksspiel in Computerspielen: Keinesfalls harmlos
Glücksspiel in Games wurde von der Gesetzgebung lange weitestgehend ignoriert. Dabei machen Wissenschaftler und Anti-Glücksspielsucht-Organisationen schon lange auf die Gefahr, die von Lootboxen und ähnlichen Mechanismen ausgeht, aufmerksam.
Das österreichische IKT-Sicherheitsportal kritisiert etwa die auf den ersten Blick kostenlose Natur sogenannter Free-2-Play-Spiele, die sich oft erst bei genauerem Hinschauen als mit kostenpflichtigen Lootboxen und Gadgets vollgepackt entpuppen würden. Häufig ließen sich mit solchen Extras zwar nur kosmetische Vorteile erkaufen, bisweilen würden sie Spielern aber auch spielerische Boni verschaffen – sogenanntes Pay-2-Win also. Das größte Problem sei aber nicht die oft undurchsichtige Preisgestaltung, sondern der Glücksspielcharakter, gerade von Lootboxen. Dieser spreche das Belohnungssystem des Gehirns an und könne dadurch schnell süchtig machen.
Was sind Lootboxen?
Lootboxen sind virtuelle Behälter in Videospielen, die zufällig ausgewählte digitale Inhalte wie Waffen, Rüstungen, Skins oder andere Spielgegenstände enthalten. Spieler können diese Boxen durch In-Game-Aktivitäten freischalten oder gegen echtes Geld kaufen. Der genaue Inhalt einer Lootbox ist unbekannt, bis sie geöffnet wird. Das Prinzip ähnelt also dem einer Lotterie. Lootboxen sind umstritten, da sie in einigen Fällen als eine Form des Glücksspiels betrachtet werden und insbesondere jüngere Spieler zu unkontrolliertem Geldausgeben verleiten können.
Während Lootbox-Verbote in anderen Ländern wie Australien, Belgien und den Niederlanden schon seit Jahren in Kraft sind, sei die Diskussion mittlerweile auch im Deutschen Bundestag angekommen, wo etwa Warnhinweise für Kinder und Eltern gefordert würden.
Lootboxen sind ein ärgerliches und auch gefährliches Phänomen in Videospielen und besonders problematisch, wenn Kinder und Jugendliche davon angesprochen werden. Wir müssen feststellen, dass die Spieleentwickler leider erstaunlich kreativ darin sind, junge Menschen in Videospielen abzuzocken und Sucht-Reflexe anzusprechen. Ich sehe hier Bedarf an gesetzgeberischen Verschärfungen. Es bedarf Aufklärungskampagnen, aber vor allem müssen die Anbieter von Games und Apps in die Pflicht genommen werden durch Informations- und Präventionsangebot sowie durch das Bereitstellen von technischen Lösungen wie die automatische Verlangsamung bei langer Spieldauer, die Belohnung von Pausen bis hin zum Verbot von Lootboxen.”–Linda Heitmann, Mitglied des Bundestags von Bündnis 90/Die Grünen, gluecksspielwesen.de
Geteilte Meinungen über Vorgehensweise von WestLotto
Wenn es nach WestLotto geht, sollten möglichst bald konkrete Schritte getan werden. Erst im Februar hat die Lottogesellschaft als Teil ihrer multilateralen Initiative eine Expertenanhörung zum Thema Lootboxen in der Berliner NRW-Landesvertretung, der Vertreter der Spieleindustrie allerdings ferngeblieben seien. Anwesend sei dagegen der Bundes-Drogenbeauftragte Burkhard Blienert von der SPD gewesen, der einem Verbot von Lootboxen und anderen Glücksspielmechanismen in Games positiv gegenüberstehe.
Aus meiner Sicht sind die Risiken für Jugendliche vorhanden und sollten nicht wegdiskutiert werden.”–Burkhard Blienert, Bundes-Drogenbeauftragter von der SPD, gameswirtschaft.de
An der Herangehensweise von WestLotto sei allerdings auch Kritik laut geworden. Professor Dr. Jörn Lüdemann vom Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Wirtschafts- und Medienrecht der Universität Rostock habe das eigenständige, aus seiner Sicht rechtspolitisch motivierte Handeln der staatlichen Lottogesellschaft laut gameswirtschaft.de als rechtswidrig bezeichnet.
Es ist unzulässig, dass ein staatliches Unternehmen sich eigene politische Ziele setzt und eigenmächtig öffentliche Gelder einsetzt, um eine Rechtsanwaltskanzlei mit der Ausarbeitung eines Gesetzentwurfes zu beauftragen. Dass ein staatliches Unternehmen eine strengere Regulierung privater Unternehmen in einem Nachbarmarkt fordert, macht die Sache noch fragwürdiger.”–Professor Dr. Jörn Lüdemann, Professor am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Wirtschafts- und Medienrecht der Universität Rostock, gameswirtschaft.de
Wohin die Aktion von WestLotto letztlich führt, bleibt offen. Dass Maßnahmen gegen Glücksspiel aber wirken können, zeigt nicht zuletzt ein Beispiel aus der Schweiz, wo sich Spielersperren positiv auf Glücksspielsucht in der Schweiz auszuwirken scheinen. Die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL) setze dagegen auf eine engere Zusammenarbeit mit den Bundesländern.