Geld, Glücksspiel und Trikots: Wie Glücksspiel-Anbieter den europäischen Fußball dominieren
- 66 % aller europäischen Top-Klubs haben Glücksspiel-Partner
- Trikotwerbung oft per Schlupfloch erlaubt
- Asiatische Firmen werben über europäische Vereine

Glücksspielwerbung ist im europäischen Fußball weit verbreitet. © joshjdss/wikipedia
Zwei Drittel aller europäischen Vereine haben Glücksspiel- oder Sportwetten-Partner
Eine neue Recherche von Investigate Europe [Link auf Englisch] zeigt, dass Glücksspielunternehmen tief im europäischen Profifußball verankert sind. 296 von 442 Teams aus 31 Topligen hätten in der Saison 2024/25 mindestens einen Sponsoringvertrag mit einem Glücksspiel-Anbieter gehabt, rund ein Drittel davon sogar mit Werbung auf der Trikotvorderseite.
Fast die Hälfte der Ligen habe einen Glücksspiel-Anbieter als Hauptsponsoren, darunter die Admiral Bundesliga in Österreich, die Stoiximan Super League in Griechenland und die Liga Portugal Betclic.
Besonders stark sei der Einfluss in der englischen Premier League, wo alle Klubs Partnerschaften mit Glücksspiel-Anbietern hätten. Elf Vereine hätten dort sogar ein Glücksspiel-Logo auf dem Trikot – der höchste Anteil in den Top 5-Ligen.
Auch in den Niederlanden und Deutschland sei Glücksspielwerbung weit verbreitet. Trotz wachsender Kritik habe die Branche also weiterhin einen festen Platz im europäischen Fußballgeschäft.
Kreative Schlupflöcher trotz Werbeverboten für Glücksspiel-Anbieter
Trotz bestehender Werbeeinschränkungen in Ländern wie Belgien oder Italien hätten zahlreiche Vereine Wege gefunden, diese zu umgehen. In Belgien etwa präsentiere Club Brügge die Unibet-Submarke U-Experts als scheinbar unabhängige News-App auf dem Trikot.
Ähnliche Konstruktionen gebe es auch in Italien, wo Inter, Parma und Lecce mit Sportwetten-Anbietern wie Betsson.sport, AdmiralBet.news oder BetItalyPay werben. Die AC Milan wiederum habe einen Sponsorenvertrag mit Boomerang Bet abgeschlossen – einem Unternehmen ohne gültige italienische Lizenz.
Glücksspielwerbung in europäischen Ligen
Trotz wachsender Bedenken agiere die Politik in vielen Ländern zurückhaltend. In Italien plane die Regierung sogar eine Aufhebung des Werbeverbots, um den wirtschaftlichen Schaden für die Fußballklubs nach der Coronakrise abzufedern.
In Deutschland sei ein Verbot von Glücksspielwerbung mit Verweis auf die finanzielle Abhängigkeit der Vereine bisher abgelehnt worden. 17 von 18 Fußball-Bundesligisten hätten trotz Kritik von Fans und Politik einen Glücksspiel-Sponsor.
In den Niederlanden wiederum sei das Sponsoring von Glücksspiel-Firmen 2021 legalisiert, aber nach einem starken Anstieg der Spielsucht bereits wieder verboten worden – es müsse bis Juli 2025 komplett aus dem Fußball verschwinden. Gegen etwaige Schlupflöcher soll hart vorgegangen werden.
Auch in der Premier League hätten sich die Vereine auf ein Werbeverbot für Glücksspiel-Anbieter geeinigt – allerdings nur auf der Brust der Trikots. Anderweitige Sponsorings seien weiterhin möglich, weshalb die Wirksamkeit der Maßnahme immer wieder infrage gestellt werde.
Auch der estnische Klub Nõmme Kalju werbe mit Marsbet, einem Sportwetten-Anbieter ohne nationale Zulassung, der sogar auf der estnischen Blacklist stehe. Solche Vorgehensweisen seien laut Kritikern speziell dafür gedacht, Verbraucher trotz gesetzlicher Grauzonen zur Glücksspiel-Plattform zu lenken.
Asiatische Marken nutzen europäische Bühne
Besonders auffällig sei der Einfluss asiatischer Glücksspiel-Anbieter, die zwar in Europa nicht offiziell operieren dürften, aber gezielt über Sponsoring bei europäischen Vereinen ihre Zielmärkte in Asien erreichen wollten. 27 Klubs aus den fünf großen Ligen hätten aktuell Verträge mit 22 solcher Anbieter, darunter prominente Namen wie Real Madrid, Inter Mailand oder Chelsea. Die Werbung sei häufig nur über asiatische VPN-Zugänge auf den Websites der Vereine sichtbar.
Viele dieser Marken – darunter Kaiyun – stünden laut einer früheren Play-the-Game-Recherche [Link auf Englisch] in Verbindung mit dem mittlerweile geschlossenen chinesischen Anbieter Yabo, dessen Führungspersonal nach einer Razzia mit über 3.000 Festnahmen neue Firmen gegründet habe.
Diese Sponsoren seien besonders für kleinere Klubs attraktiv, weil sie bis zu 10 Millionen GBP (rund 12 Millionen EUR) jährlich zahlen würden, wie der britische Fußballökonom Kieran Maguire erklärt habe. Dabei werde oft auf eine sorgfältige Prüfung der Sponsoren verzichtet, weil Klubs unter finanziellem Druck stünden.
Zwar können Vereine alternative Sponsoren für Premium-Assets wie Trikot- oder Ärmelsponsoring gewinnen, doch werden diese neuen Partner in vielen Fällen weniger zahlen als Glücksspiel-Unternehmen.”–Pedro Iriondo, Strategie-Experte bei Football Benchmark, Investigate Europe
Gleichzeitig wachse die gesellschaftliche Kritik an den Werbeverträgen mit Glücksspiel-Anbietern. Faninitiativen wie Unsere Kurve würden ein Verbot von Glücksspielwerbung im Sport gefordert, analog zu bestehenden Regelungen bei Alkohol und Tabak.