Sportwetten bei der EM 2024: Kritik, Vorfreude und rechtliches Chaos polarisieren die Glücksspielbranche

Nicht nur Fußball- und Sportwetten-Fans sehen der Fußball-EM 2024 in Deutschland mit großer Spannung entgegen. Wenn der Ball am 14. Juni endlich rollt, erhoffen sich auch die Sportwetten-Anbieter in vielen Ländern ein gutes Geschäft. Doch die Angebote der Buchmacher lösen nicht nur Vorfreude aus. Auch Kritiker melden sich zu Wort, denn die rechtliche Situation von Sportwetten wird gegenwärtig international heftig diskutiert.

Symbolhafte Darstellung der rechtlichen Unsicherheit rund um Sportwetten in Deutschland

Vor dem Start der Fußball-EM 2024 werden Sportwetten kontrovers diskutiert (Symbolbild). © OnlineCasinosDeutschland.com/DALL-E

Verbot von Sportwetten in Deutschland nicht umgesetzt

Vor etwas mehr als einem halben Jahr hat sich Burkhard Blienert, der Suchtbeauftragte der Bundesregierung, für ein Verbot von Sportwetten-Werbung während der EM 2024 in Deutschland stark gemacht. Schon damals wurde das Vorhaben jedoch als unrealistisch betrachtet.

Spätestens als mit Betano ein in Deutschland aktiver und lizenzierter Buchmacher als einer der Hauptsponsoren der EM vorgestellt wurde, dürften sich derartige Bestrebungen endgültig zerschlagen haben.

Auch ein offener Brief an die Länderinnenminister, in dem eine stufenweise Abschaffung der Sportwetten-Werbung gefordert wurde, habe zumindest scheinbar noch nicht zur Folge gehabt, dass sich bestehende Gesetze in Deutschland zeitnah ändern könnten.

Böhmermann-Kritik am Geschäftsmodell der Buchmacher

Moderator Jan Böhmermann hat kürzlich in seiner Sendung ZDF Magazin Royale verschiedene Sportwetten-Anbieter im Zusammenhang mit der anstehenden EM 2024 in Deutschland kritisiert:

Er bezieht sich in seinem Beitrag unter anderem auf die Buchmacher Tipico und Betano, die in Deutschland öffentlichkeitswirksam vor Gericht gehen mussten, um sich gegen Klagen von Spielern zu wehren, die Schadenersatz fordern.

Rechtliche Ungewissheit in Europa

In Deutschland sind Sportwetten inzwischen über den Glücksspielstaatsvertrag reguliert. Doch Geschäfte aus der Vergangenheit sind hinsichtlich ihrer Legalität immer noch umstritten, sodass jetzt vermutlich der EuGH eine Grundsatzentscheidung treffen muss.

Dabei geht es um die Frage, ob das Glücksspiel in Deutschland vor der rechtlichen Neuregulierung illegal war und ob Spieler das Recht auf eine Rückerstattung ihrer Verluste zurückerstatten haben. Deutsche Gerichte haben dies bisher unterschiedlich bewertet.

Die rechtliche Ungewissheit erstreckt sich aber auch über andere Teile von Europa, denn der Schwarzmarktanteil bei Sportwetten soll Schätzungen zufolge länderübergreifend sehr hoch sein. Dies hänge nach Meinung der Experten teilweise mit einer restriktiven Vergabe von Lizenzen zusammen, die einen fairen Wettbewerb behindere. Anders als in Deutschland, wo diverse Anbieter auf der Whitelist der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL) stehen, gibt es in der Schweiz nur zwei lizenzierte Anbieter.

Überall in Europa sind zudem noch Sportwetten-Anbieter mit Lizenzen aus Kleinstaaten der EU oder ausländischen Steueroasen aktiv. Für unerfahrene Spieler ist es sehr schwierig zu erkennen, ob es sich dabei um legale oder illegale Anbieter handelt. Deshalb gibt es auch immer wieder Kritik an einem vollständigen Werbeverbot, weil damit die Informationsmöglichkeit für legale Anbieter entfallen würde.

Ist Erfolg bei Sportwetten eine Frage des Glücks oder des Könnens?

Manche Suchtexperten, darunter Monika Lierzer, Leiterin der Fachstelle Glücksspielsucht Steiermark in Österreich, sind der Meinung, dass Sportwetten deshalb ein Gefahrenpotential aufweisen würden, weil Spieler ihr Expertenwissen überschätzen würden.

Stattdessen sei ein komplexes mathematisches Verständnis notwendig, um die Quoten der Buchmacher zu analysieren. Zudem würde es immer noch den Hausvorteil der Sportwetten-Anbieter geben, der aufgrund der Informationsasymmetrien typischerweise sogar höher ausfalle als in einem Online Casino.

Aus diesem Grund fordere Lierzer zusammen mit über 200 weiteren Befürwortern, dass Sportwetten in Österreich künftig nicht mehr als Geschicklichkeits-, sondern als Glücksspiel klassifiziert werden.

Moderate Werbung als Mittelweg?

Die britische Advertising Standards Authority (ASA) hat vor einigen Monaten eine moderate Glücksspielwerbung während der EM 2024 gefordert. Es gebe geltende Werbeeinschränkungen, die zu respektieren seien.

Zu starke Einschränkungen der Werbung, könnte die Finanzierung des Sports gefährden, wie Sachverständige im Bundestag ausgesagt hätten. Eine Regulierung der Botschaften und Kommunikationswege sei zielführender als vollständige Verbote.

Man darf gespannt sein, ob sich die Debatte rund um Sportwetten bei der EM 2024 weiter fortsetzen oder ob mit dem Anstoß am 14. Juni 2024 der Fokus auf den sportlichen Aspekten liegen wird.

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